Unternehmen sind ab 1. Juli 2020 zur Lohngleichheitsanalyse verpflichtet

 
Ein Beitrag von 

Rolf Hartmann
Patrizia Lorenzi
Sarah Fasel

 

Einleitung

Das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann (GlG) hat zum Ziel, den in der Schweizerischen Bundesverfassung verankerten Grundsatz der Gleichstellung zwischen Mann und Frau und insbesondere die Lohngleichheit im Berufsleben zu verwirklichen und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu verhindern.

Am 1. Juli 2020 tritt die Revision des GlG und damit die Pflicht von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern in Kraft, mittels einer Lohngleichheitsanalyse die Lohngleichheit zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in ihrem Unternehmen zu prüfen. Diese Pflicht ist eine Folge der Feststellung, dass nun trotz 14 Jahren Gleichstellungsgesetz Frauen und Männer immer noch unterschiedlich entlohnt werden.
 

Welche Unternehmen sind betroffen?

Verpflichtet zur Durchführung von Lohngleichheitsanalysen sind private und öffentlich-rechtliche Unternehmen, die am Anfang eines Jahres 100 oder mehr Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, unabhängig von deren jeweiligem Arbeitspensum, beschäftigen. In der Analyse sind nur Arbeitsverhältnisse nach schweizerischem Recht zu berücksichtigen, wobei z.B. Lehrverhältnisse nicht beizuziehen sind. Folgende Unternehmen sind von der Pflicht befreit:

  • Anzahl Beschäftigte unter 100,
  • nur eine Geschlechtskategorie angestellt,
  • die erste Lohngleichheitsanalyse ist positiv (d.h. Lohngleichheit ist innerhalb der zulässigen Toleranz gegeben), oder
  • bis Juni 2020 wurde im Zusammenhang mit der Vergabe von öffentlichen Aufträgen oder der Gewährung von Subventionen eine Kontrolle durchgeführt.

Die Lohngleichheitsanalyse von Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen, die dem Obligationenrecht unterstehen, muss anschliessend von einer unabhängigen Stelle (Revisionsunternehmen, Arbeitnehmervertretung oder Organisation nach Art. 7 GlG) überprüft werden. Diese unabhängige Stelle führt nicht eine Vollprüfung durch, sondern macht einen Plausibilitätscheck.

Die erste Lohngleichheitsanalyse hat bis spätestens am 30. Juni 2021 zu erfolgen. Die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind sodann bis spätestens ein Jahr nach Abschluss der Überprüfung schriftlich über das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse zu informieren. Bei börsenkotierten Gesellschaften ist das Ergebnis zudem im Anhang der Jahresrechnung zu veröffentlichen.

Nach zwölf Jahren treten die neuen gesetzlichen Bestimmungen automatisch ausser Kraft und endet dann die Verpflichtung zur Lohngleichheitsanalyse.

 

Methode der Lohngleichheitsanalyse

Die Lohngleichheitsanalyse muss nach einer wissenschaftlichen und rechtskonformen Methode durchgeführt werden. Der Bund stellt hierfür das Lohngleichheitsinstrument «Logib», welches bereits im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens verwendet wird, kostenlos zur Verfügung. Den Unternehmen steht es allerdings frei, eine andere Methode für die Lohngleichheitsanalyse zu verwenden, sofern diese wissenschaftlich fundiert und rechtskonform ist.

Lohnungleichheit besteht in  der Regel dann, wenn Frau und Mann innerhalb desselben Unternehmens für die gleiche oder gleichwertige Arbeit unterschiedlich entlohnt werden und keine objektiven Gründe dafür bestehen. Objektive Faktoren, die Einfluss auf den Lohn haben können, sind einerseits personenbezogene Kriterien (Alter, Geschlecht, Dienstjahre, Ausbildung, etc.) und andererseits arbeitsbezogene Kriterien (Funktionen, betriebliches Kompetenzniveau, berufliche Stellung). Es wird sodann analysiert, ob sich die Variable «Geschlecht» auf den Lohn auswirkt. Nicht berücksichtigt wird die Leistung.
    

Konzernverhältnisse

In Konzernverhältnissen kommen als Arbeitgeberinnen einzig die einzelnen, rechtlich selbständigen Konzerngesellschaften in Frage. Deshalb ist für jede Konzerngesellschaft, die die Voraussetzungen erfüllt, eine Lohngleichheitsanalyse einzeln durchzuführen. Es kann sinnvoll sein, das Ergebnis einer Lohngleichheitsanalyse einer kotierten Konzernmuttergesellschaft (oder einer solchen Tochtergesellschaft) nicht nur im Anhang zu ihrer Jahresrechnung, sondern auch im Anhang zur Konzernrechnung aufzuführen.
 

Sanktionen, Risiken und Nachteile

Zwar sehen die neuen, gesetzlichen Bestimmungen keinerlei rechtliche Sanktionen für die Unternehmen vor. Auch wird auf eine Pflicht zur Meldung säumiger Arbeitgeber sowie auf die Eintragung in eine öffentlich zugängliche «schwarze Liste» als Sanktion verzichtet. Allerdings ist davon auszugehen, dass ein negatives Analyseergebnis einen Ausschluss bei öffentlichen Beschaffungen mit sich bringen kann. Nicht auszuschliessen sind zudem die Risiken wie beispielsweise Reputationsschäden, Attraktivitätsverlust, unzufriedene Mitarbeitende oder individuelle Lohnklagen. Zusätzlich sind mit der Lohngleichheitsanalyse administrativer Durchführungsaufwand und entsprechende Kosten verbunden. Allenfalls wären auch Rückstellungen für individuelle Lohnklagen zu tätigen.
 

Chancen und Vorteile

Die neue Lohngleichheitsanalyse kann aber auch Chancen und Vorteile für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit sich bringen. So wird Transparenz in der Lohnpolitik geschaffen und die Compliance verbessert. Zudem kann sich das Analyseergebnis positiv auf die Reputation eines Unternehmens auswirken, was wiederum zu grösserer Motivation, Zufriedenheit und Produktivität der Mitarbeitenden führen und zu einem positiven Arbeitsklima beitragen kann.
 

Ihre Möglichkeiten

Betroffene Unternehmen haben sich aufgrund der anstehenden Pflicht zur Durchführung einer Lohngleichheitsanalyse mit der Frage zu befassen, was sie tun können, um allfällige Lohnungleichheiten in ihrem Betrieb zu identifizieren und anzugehen.

Wir beraten Sie gerne dabei und unterstützen Sie bei der Entwicklung oder Anpassung von internen Richtlinien (Arbeitsrecht und Sozialversicherungen), HR-Handbüchern und Prozessen, so dass allfällige potenzielle Diskriminierungsfaktoren eliminiert werden könnten. Bei Bedarf unterstützen wir Sie gerne auch bei der Durchführung der Lohngleichheitsanalyse.

 

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