Q3 2019 - Abgeltungen zur Lösung einer nationalen Aufgabe

 

Ein Beitrag von

Marc Grüninger M.C.J.
Patrizia Lorenzi 

 

Ausgangslage

Das Bundesamt für Energie (BFE) publizierte Anfang August 2019 ein Faktenblatt "Abgeltungen im Sachplan geologische Tiefenlager". Dieses Faktenblatt steht im Zusammenhang mit der dritten Etappe des Sachplanverfahrens geologische Tiefenlager. Mit diesem Sachplanverfahren werden ein bis zwei Standorte für ein geologisches Tiefenlager festgelegt. Diese Standorte werden die Aufgabe haben, radioaktive Abfälle aus Anlagen der Entsorgungspflichtigen zu lagern. Als Standorte kommen Standortkantone bzw. –regionen in Frage. Als Anerkennung dafür, dass sie mithelfen, eine nationale Aufgabe zu lösen, soll ihnen auf vertraglicher Basis von den Entsorgungspflichtigen eine Abgeltung bezahlt werden.
 

Abgeltungen

Unter solchen Abgeltungen sind Zahlungen zu verstehen, welche die Standortregion für ihren Beitrag zur Lösung einer nationalen Aufgabe erhält. Abgeltungen sollen für kommunale und regionale Zwecke innerhalb des Wirkungsperimeters verwendet werden. Abgeltungen sind insbesondere nicht als Schadenersatz zu betrachten, der gestützt auf gesetzliche Bestimmungen zu leisten wäre. Abgeltungen sind aber auch keine Kompensationen, die in Form einer Finanzierung und/oder Realisierung von Massnahmen zur Entschädigung von nachweislich negativen Auswirkungen eines Tiefenlagers auf vertraglicher Basis erfolgen können.

Fehlende gesetzliche Grundlage

Seit Ende der 1990er-Jahre sind Abgeltungen (wie auch die Kompensationen) in den Kostenstudien des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) festgehalten, auch wenn gar keine gesetzliche Grundlage (Energierecht und natürliche Rohstoffe) dafür besteht. Für die Kostenstudie 2021 wurde für Abgeltungen ein Betrag von 800 Millionen Franken angenommen und verfügt. 300 Millionen Franken sollen für ein Lager mit schwach- und mittelaktiven Abfällen zur Verfügung stehen, sowie 500 Millionen Franken für ein Lager mit hochaktiven Abfällen. Diese Mittel sind von den Entsorgungspflichtigen in den Entsorgungsfonds einzubezahlen.

Gegen diese Verfügung des UVEK erhoben die Betreiber der Kernanlagen Beschwerde. Sie machen im Wesentlichen geltend, dass diese Summe zu hoch und zu berücksichtigen sei, dass die Abgeltungen auf freiwilliger Basis erfolgen, zudem noch gar nicht zur Verhandlung stehen und nicht alle erdenklichen Risiken voll finanziert werden müssen.
 

Verhandlungen

Die Parteien der künftigen Abgeltungsverhandlungen haben sich in einem Leitfaden bereits auf die Regeln und den Verhandlungsgegenstand geeinigt. Die Verhandlungen beginnen jedoch frühestens nach der Standortwahl für die Vorbereitung des Rahmenbewilligungsgesuchs für ein geologisches Tiefenlager durch die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra), was gemäss Faktenblatt im Zeitraum 2023/2024 erfolgen sollte. Liegt ein ausgehandelter Vertrag vor, bedarf dieser der Zustimmung von 60 Prozent der Gemeinden der Standortregion bzw. der Infrastrukturgemeinden innerhalb von zwei Jahren.

Laut Faktenblatt des BFE sollen Abgeltungsverhandlungen oder -zahlungen auf die Prüfung des Rahmenbewilligungsgesuchs durch die Sicherheitsbehörden und den Entscheid des Bundesrates keinen Einfluss haben.

 

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