Q1 2023 - Zusammenschluss zum Eingenverbrauch - oder wie die Rückkehr in die Grundversorgung gelingt

 

Ein Beitrag von 

Marc Grüninger 
Patrizia Lorenzi

 

Die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) hatte sich vor ein paar Monaten mit der Frage befassen müssen, ob mit der Bildung eines Zusammenschlusses zum Eigenverbrauch (ZEV) die Rückkehr in die Grund-versorgung für den Bezug von Strom zulässig oder aber rechtsmissbräuchlich sei. Bei einem ZEV geht es um den Eigenverbrauch von Strom, der selbst produziert und vor Ort, also am Ort der Produktionsanlage, verbraucht wird. Der Eigenverbrauch in einem ZEV erfolgt gemeinschaftlich, d.h. am Ort der Erzeugung verbrauchen mehrere Grundeigentümer, Mieter oder Pächter den Strom, werden aber gemeinsam als ein Endverbraucher betrachtet. Zudem muss die Produktionsleistung im Verhältnis zur Anschlussleistung am Messpunkt erheblich sein (Art. 16 ff EnG).

 

Ausgangslage

Zur aufgeworfenen Frage, ob durch den ZEV eine Rückkehr in die Grundversorgung möglich ist, hat die ElCom am 13. Dezember 2022 eine Verfügung erlassen (Ref. 223-00005). In dem von der ElCom zu beurteilenden Fall hatten eine Grundeigentümerin sowie die Mieterin der auf der Parzelle liegenden Betriebsliegenschaft und ihre Untermieterin einen ZEV beantragt. Die Grundeigentümerin war auf keiner der vom beantragten ZEV betroffenen Parzellen Endverbraucherin. Als Endverbraucherinnen waren die Mieterin sowie ihre hundertprozentige Tochtergesellschaft (als Untermieterin) für den gemeinsamen Eigenverbrauch vorgesehen. Die Betreiberin des Verteilnetzes wehrte sich gegen den betreffenden Antrag und verlangte von der ElCom die Feststellung, dass der beantragte ZEV die gesetzlichen Voraussetzungen von Art. 17 Energiegesetz (EnG) nicht erfülle, und der betref-fende ZEV darum nicht zu einem einzigen neuen Endverbraucher führe.

Die Verteilnetzbetreiberin störte sich daran, dass die Mieterin als Endverbraucherin von ihrem Netzzugangsrecht (Opt-out-Option) Gebrauch gemacht hatte und seither den von ihr für ihre Geschäftstätigkeit benötigten Strom am Betriebsstandort auf dem freien Markt beschaffte. Damit sei für die Mieterin die Rückkehr in die Grundversorgung ausgeschlossen. Mit dem beantragten ZEV wollten die Endverbraucherinnen aber zusammen mit der Grundeigentümerin um die teuren Strompreise am Strommarkt herumkommen und von den regulierten Grundversorgungspreisen profitieren.

Die Verteilnetzbetreibern machte weiter geltend, dass beim geplanten ZEV die Grundeigentümerin selbst auf ihren Parzellen des geplanten ZEV keinen Strom zu eigenen Zwecken verbrauche und damit auch keine Endverbraucherin sei. Deshalb bestehe zwischen ihr, der Mieterin und Untermieterin kein gemeinsamer Eigenverbrauch. Zudem handle es sich bei der Mieterin als Muttergesellschaft und der Untermieterin als wirtschaftlich abhängiger Tochtergesellschaft nicht um zwei unterschiedliche Endverbraucherinnen am selben Anschlusspunkt.

Ein solcher ZEV dürfe deshalb nach Auffassung der Verteilnetzbetreiberin nicht dazu führen, dass eine Rückkehr in die Grundversorgung gelinge. Die Einführung eines ZEV wäre in dieser Konstellation rechtsmissbräuchlich und würde dem gesetzlichen Prinzip «einmal frei, immer frei» widersprechen.

 

Folgerungen der ElCom

Nach Artikel 17 Absatz 2 EnG können Grundeigentümer einen gemeinsamen Eigenverbrauch am Ort der Produktion auch für Endverbraucher vorsehen, die zu ihnen in einem Miet- oder Pachtverhältnis stehen.

Als Ort der Produktion gilt nach Artikel 14 Absatz 1 EnV das Grundstück, auf dem die Produktionsanlage liegt sowie zusammenhängende Grundstücke, von denen mindestens eines an das Grundstück grenzt, auf dem die Produktionsanlage liegt.

Die ElCom erachtete die Voraussetzungen für die Bildung eines ZEV nach Artikel 17 Absatz 2 EnG als erfüllt, da am Ort der Produktion Energie für den Eigenverbrauch selbst produziert werde und zudem die Produktionsleistung der Anlage im Verhältnis zur Anschlussleistung am Messpunkt (Art. 18 Abs. 1 EnG) erheblich war, namentlich bei mindestens 10 Prozent der Anschlussleistung (Art. 15 Abs. 1 EnV) des Zusammenschlusses lag.

Die ElCom hielt fest, dass es für die Bildung eines ZEV keine gesetzliche Voraussetzung sei, dass die Grundeigentümerin am Ort der Produktion selbst Endverbraucherin sei. Aus der Entstehungsgeschichte gehe hervor, dass in der Praxis insbesondere jene Personen, die in einer gewissen räumlichen Nähe zur Erzeugungsanlage seien, von deren Stromproduktion profitieren möchten. Es entspreche durchaus dem Sinn und Zweck, dass Mieter von der Erzeugungsanlage eines Grundeigentümers profitieren können, auch wenn dieser selbst am Ort der Produktion keinen eigenen Verbrauch habe.

Die ElCom führte aus, dass Endverbraucher eine natürliche oder juristische Person oder eine Handelsgesellschaft sein könne und die Tatsache, dass ein Unternehmen ein anderes beherrsche (Mutter- und Tochterunternehmen) irrelevant sei. Dass vorliegend das gesamte Areal über nur einen Anschlusspunkt an das Verteilnetz verfüge, heisse nicht, dass dahinter nur ein einziger Endverbraucher bestehen könne. So fallen die Mieter in einem Arealnetz ebenfalls unter den Legalbegriff der Endverbraucher, soweit sie eine eigene Verbrauchsstätte haben.

Die ElCom kam zum Schluss, dass ab dem Zeitpunkt des Zusammenschlusses eine Lieferpflicht der Netzbetreiberin nach Artikel 6 Absatz 1 StromVG bestand. Sie beurteilte das Vorhaben im konkreten Fall zudem als nicht offenbar rechtsmissbräuchlich im Sinne von Artikel 2 Absatz 2 ZGB. Der beantragte ZEV entspreche dem Zweck der Förderung der erneuerbaren Energien und des Eigenverbrauchs gemäss EnG und es sei keine zweckwidrige Verwendung eines Rechtsinstitutes anzunehmen. Die Rechts-folge des vorgesehenen ZEV führe zwar zum Vorteil, als Endverbraucher in der Grundversorgung zu sein. Dieser Vorteil dürfe aber genutzt werden. Diese Feststellung führe jedoch nicht zu einem «krassem Unrecht», das über Artikel 2 Absatz 2 ZGB korrigiert werden müsste.

Die ElCom nahm zudem auch Bezug auf den seit 1.1.2023 in Kraft stehenden, neuen Art. 11 Abs. 2bis StromVV: "Nimmt eine Verbrauchsstätte, für die zuvor bereits einmal vom Anspruch auf Netzzugang Gebrauch gemacht wurde, an einem bereits bestehenden oder neu zu gründenden Zusammenschluss zum Eigenverbrauch teil, so schliesst dies die Lieferpflicht des Betreibers des Verteilnetzes gegenüber dem Zusammenschluss nicht aus. Beansprucht der Zusammenschluss diese Lieferpflicht, so kann der Anspruch auf Netzzugang für die betreffende Verbrauchsstätte frühestens nach Ablauf von sieben Jahren seit ihrer Teilnahme am Zusammenschluss wieder ausgeübt werden."

Diese Neuerung der Stromversorgungsverordnung ermöglicht somit eine Rückkehr in die Grundversorgung. Der Verteilnetzbetreiber muss den ZEV aus der Grund-versorgung beliefern, auch wenn sich darin eine Verbrauchsstätte befindet, die bereits auf dem freien Markt war. Diese Verbrauchsstätte ist dann allerdings für 7 Jahre gebunden. Als Verbrauchsstätte gilt eine Betriebsstätte eines Endverbrauchers, die eine wirtschaftliche und örtliche Einheit bildet und einen tatsächlichen eigenen Jahresverbrauch aufweist, unabhängig davon, ob sie über einen oder mehrere Ein- bzw. Ausspeisepunkte verfügt (Art. 11 Abs. 1 StromVV).

Die Verfügung der ElCom vom 13. Dezember 2022 ist in Rechtskraft erwachsen.

 

 

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