Q2 2023 - Ruanda

 

Ein Beitrag von

Stephan A. Hofer

In Zusammenarbeit mit

Ida Geneviève Sanyan

 

Ruanda

 

Übersicht

Ruanda hat in den letzten zehn Jahren bemerkenswerte Fortschritte in der wirtschaftlichen Entwicklung gemacht, mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate des BIP von rund 8%. Die Regierung konzentriert sich auf die Förderung der Entwicklung des privaten Sektors, Investitionen in die Infrastruktur und die regionale Integration, um die Wirtschaft zu diversifizieren und ausländische Investitionen anzuziehen. Zu den wichtigsten Wirtschaftssektoren gehören die Landwirtschaft, Dienstleistungen, Fertigung und Tourismus. Ruanda hat Ambitionen im Technologiebereich und setzt Initiativen um, um das Finanzzentrum von Ostafrika zu werden. Mit einem Wert von 51/100 im Corruption Perception Index 2022 von Transparency International rangiert Ruanda unter den fünf afrikanischen Ländern mit der geringsten Korruption und wird nur von den Seychellen, Kap Verde und Botswana übertroffen.

Im Jahr 2022 importierte die Schweiz insgesamt etwa 42 Tonnen Waren aus Ruanda mit einem Gesamtwert von rund 0,3 Millionen CHF (hauptsächlich Gemüse, Kaffee und Tee), während die Exporte nach Ruanda etwa 255 Tonnen und einen Gesamtwert von rund 4 Millionen CHF (hauptsächlich Pharmazeutika und Maschinen) ausmachten.

Obwohl der Handel zwischen den beiden Ländern bescheiden bleibt, identifiziert die Subsahara-Afrika-Strategie der Schweiz Ruanda als eine der "Regional Lion Economies". Dadurch gehört es zu den afrikanischen Ländern, die ein hohes wirtschaftliches Potenzial aufweisen, insbesondere in Bezug auf Investitionen und Handel, und die sich durch dynamisches Wachstum auszeichnen.

Etwa 110 Schweizer Staatsangehörige leben in Ruanda, während etwa 350 ruandische Staatsangehörige in der Schweiz leben.

In dieser Ausgabe des GHR beyond werden wir uns auf die wichtigsten rechtlichen Fragen für Schweizer Direktinvestoren in Ruanda sowie auf wichtige Schweizer Datenschutzüberlegungen für ruandische IT-Provider konzentrieren.

 

Von der Schweiz nach Ruanda

Zum Beteiligungsabzug bei ruandischen Tochtergesellschaften

Einführung

Unterliegt ein Steuersubjekt für den identischen Sachverhalt in zwei unterschiedlichen Ländern der Besteuerung, so liegt eine Doppelbesteuerung vor. Um solche Situationen zu vermeiden, hat die Schweiz mit etlichen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) geschlossen.

Derzeit besteht kein DBA zwischen Ruanda und der Schweiz. Entsprechend können gewisse Sachverhalte zu einer steuerlichen Doppelbelastung führen. Dieser steuerrechtliche Nachteil wird zumindest teilweise durch den in der Schweiz bekannten Beteiligungsabzug ausgeglichen.

Eine mehrfache Besteuerung liegt nämlich nicht nur bei Identität des Steuersubjekts und -objekts vor, sondern auch wenn eine Gesellschaft die von der mit ihr verbundenen Gesellschaft (Tochtergesellschaft) ausgeschütteten Gewinne voll versteuern müsste. Zwar handelt es sich in diesem Fall nicht um das gleiche Steuersubjekt, aber es wird der wirtschaftlich gleiche Gewinn mehrfach besteuert. Genau dies berücksichtigt der Beteiligungsabzug und führt zu einer reduzierten Gewinnsteuer und, je nach Kanton, auch zu einer reduzierten Kapitalsteuer.

Voraussetzungen für den Beteiligungsabzug bei Erträgen

Schweizer Gesellschaften können auf Bundes- und Kantonsebene eine Ermässigung ihrer Gewinnsteuer in Form eines Beteiligungsabzuges geltend machen. Vorausgesetzt ist dafür, dass die Gesellschaft alternativ:

  1.  zu mind. 10% am Grund- oder Stammkapital der Tochtergesellschaft beteiligt ist; oder
  2.  zu mind. 10% am Gewinn und an den Reserven der Tochtergesellschaft beteiligt ist; oder
  3.  Beteiligungsrechte im Verkehrswert von mind. CHF 1 Mio. hält.

Ist einer dieser Voraussetzungen gegeben, wird die Steuer auf dem Reingewinn im Verhältnis des Nettoertrages aus den Beteiligungsrechten zum gesamten Reingewinn reduziert.

Die Steuerermässigung in % berechnet sich wie folgt:

Oder vereinfacht ausgedrückt: Die Nettoerträge aus der Beteiligung an der Tochtergesellschaft sind für die Schweizer Muttergesellschaft praktisch steuerfrei.

Voraussetzungen für den Beteiligungsabzug bei Kapitalgewinnen

Ein Beteiligungsertrag kann auch entstehen, wenn Beteiligungsrechte mit Gewinn verkauft werden. Entsprechend wird der Beteiligungsabzug auch für Kapitalgewinne gewährt, die bei der Veräusserung von massgeblichen Beteiligungen erzielt werden. Vorausgesetzt ist dafür, dass kumulativ:

  1.  der Veräusserungserlös die Gestehungskosten übersteigt, und
  2.  die veräusserte Beteiligung mind. 10% des Grund- oder Stammkapitals der Tochtergesellschaft ausmacht, oder
  3.  ein Anspruch auf mind. 10% des Gewinns und der Reserven der Tochtergesellschaft begründet wird, und
  4.  die veräusserte Beteiligung während mind. 1 Jahres im Besitz der Schweizer Gesellschaft war.

Fazit

Auch ohne DBA kann eine ruandische Tochtergesellschaft einer Schweizer Muttergesellschaft steuerlich durchaus attraktiv sein, da zwar die ruandischen Steuern auf das Geschäftsergebnis und die Dividendenausschüttung der ruandischen Tochtergesellschaft voll anwendbar sind, aber der Nettoertrag steueroptimiert fliessen kann.

Immigration nach Ruanda – was Expats wissen müssen

Einführung

Eine ideale Unternehmensstruktur oder Handelsbeziehung in Ruanda oder mit ruandischen Geschäftspartnern zu haben, ist das Eine – das Andere ist, die Füsse auf (ruandischen) Boden zu bringen. Ruanda hat in den letzten Jahren einen Anstieg der Investitionen in verschiedenen Sektoren erlebt, sowohl von ruandischen als auch von ausländischen Privatpersonen sowie von inländischen und ausländischen Unternehmen. Infolgedessen ist auch ein Anstieg der Zahl der immigrierenden Ausländer zu verzeichnen.

In diesem Teil des GHR beyond erörtern wir die Einwanderungsbedingungen für ausländische Investoren oder Expatriates, die in Ruanda investieren oder arbeiten möchten.

Arten von Genehmigungen für Expatriates

Das ruandische Einwanderungsgesetz sieht für Investoren eine Investorengenehmigung und für Expatriates, die in Ruanda investieren oder arbeiten möchten, eine Arbeitserlaubnis vor. Beide Genehmigungen erlauben den Empfängern den Aufenthalt und die Ausübung einer bezahlten Arbeit für einen Zeitraum von zwei Jahren, der nach Ablauf verlängert werden kann.

Die Genehmigungen berechtigen auch die Angehörigen des Bewilligungsinhabers, z.B. Ehegatten und Kinder, für denselben Zeitraum nach Ruanda zu ziehen. Die Genehmigungen für die Familienangehörigen werden auf Antrag erteilt.

Die Anforderungen für die obgenannten Genehmigungen variieren je nach der angestrebten Genehmigung.

Eine Investorengenehmigung ist vergleichsweise einfach erhältlich zu machen, da im Wesentlichen ein Investitionsnachweis und die Eintragung eines Unternehmens in Ruanda vorgelegt werden muss. Anders als die Investorengenehmigung sind die Anforderungen an eine Arbeitserlaubnis umfangreicher.

Das ruandische Einwanderungsgesetz sieht zwei Kategorien von ausländischen Arbeitnehmern vor. Für ausländische Arbeitskräfte, deren Berufe unter die "Occupation on Demand List" (ODL) fallen, gelten geringere Anforderungen an die Arbeitserlaubnis, und die Erteilung ist nahezu sicher. Bei der ODL handelt es sich um ein offizielles Verzeichnis von Tätigkeiten, für die auf dem ruandischen Arbeitsmarkt ein Fachkräftemangel besteht.

Wenn die Tätigkeit des Antragsstellers nicht auf der ODL aufgeführt ist, müssen eine Reihe von Anforderungen erfüllt werden. Unter anderem muss der ausländische Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber unterstützt werden, und der Arbeitnehmer muss über die erforderlichen jobspezifischen Qualifikationen oder einschlägige Berufserfahrung verfügen.

Zum ruandischen Inländervorrang im Besonderen

Arbeitgeber, die ausländische nicht-ODL Arbeitskräfte einstellen wollen, müssen nachweisen, dass sie auf dem ruandischen Arbeitsmarkt keinen geeigneten Arbeitnehmer finden können. Auf der Grundlage dieses Nachweises kann der Arbeitgeber dann eine Bewilligung für einen ausländischen Arbeitnehmer zur Besetzung einer bestimmten Stelle beantragen.

Um nachzuweisen, dass er auf dem ruandischen Markt keinen geeigneten Arbeitnehmer für die Stelle finden konnte, muss der Arbeitgeber einen Arbeitsmarkttest durchführen, bei dem sich zunächst ruandische Staatsangehörige um die Stelle bewerben können.

Fazit

Wie in vielen anderen Ländern ist auch in Ruanda die Erlaubnis, im Ausland zu leben und zu arbeiten, nicht voraussetzungslos, sondern erfordert eine sorgfältige Planung und die Einhaltung der Bewilligungsvoraussetzungen nach ruandischem Recht. Ruanda nimmt jedoch je nach Marktnachfrage hochqualifizierte Arbeitskräfte auf und bietet attraktive Erleichterungen bei der Erteilung von solchen Genehmigungen.

 

Von Ruanda in die Schweiz

Über Datenschutzbestimmungen für ruandische Software-Entwickler

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist eine umfassende Datenschutzverordnung, die 2018 von der Europäischen Union (EU) in Kraft gesetzt wurde. Ziel ist es, die persönlichen Daten und die Privatsphäre von EU-Bürgern zu schützen, unabhängig davon, wo die Daten verarbeitet werden. Ab September 2023 wird auch die Schweiz ein neues Datenschutzgesetz einführen, das weitgehend der DSGVO entspricht (zusammen mit der DSGVO das Datenschutzrecht). Als Software-Entwickler aus einem Drittland ist das Verständnis und die Einhaltung des Datenschutzrechts von entscheidender Bedeutung, um Zugang zum Schweizer und europäischen Markt zu erhalten.

Grundprinzipien des Datenschutzrechts

Es gibt sieben Kernprinzipien, die die Grundlage des Datenschutzrechts bilden:

  1. Rechtmässigkeit, Verhältnismässigkeit und Transparenz.
  2. Zweckbindung der Erhebung und Verarbeitung von Personendaten..
  3. Reduktion der Datensammlung auf das notwendige Minimum.
  4. Richtigkeit und Aktualität von Personendaten.
  5. Speicherdauer für den Zeitraum, der für den angegebenen Zweck erforderlich ist.
  6. Integrität und Vertraulichkeit (Datensicherheit).
  7. Rechenschaftspflicht: Nachweis der Einhaltung des Datenschutzrechts durch Dokumentation und Verhaltensrichtlinien.

Personendaten

Gemäss dem Datenschutzrecht beziehen sich personenbezogene Daten auf alle Informationen, die sich auf eine identifizierbare Person zurückführbar sind. Beispiele hierfür sind Namen, Adressen, E-Mail-Adressen, IP-Adressen und sogar Cookie-IDs. Software sollte so konzipiert sein, dass personenbezogene Daten verantwortungsvoll gehandhabt werden und nur dann gesammelt, gespeichert und verarbeitet werden, wenn dies notwendig ist.

Einhaltung der Rechte betroffener Personen

Das Datenschutzrecht gewährt Einzelpersonen verschiedene Rechte in Bezug auf Personendaten. Software sollte Funktionalitäten bereitstellen, damit Benutzer diese Rechte ausüben können bzw. sicherstellen, dass der Softwarekunde solche Anfragen verwalten kann, insbesondere:

  1. Das Recht auf Zugang.
  2. Das Recht auf Berichtigung.
  3. Das Recht auf Löschung.
  4. Das Recht auf (vollständige oder teilweise) Einschränkung der Verarbeitung.
  5. Das Recht auf Datenübertragbarkeit.
  6. The right to (fully or partially) object to data processing.

Software as a Service (SaaS)

Wenn Software einschliesslich Hosting angeboten wird (SaaS-Lösung), benötigen Kunden zusätzliche Datenschutzmassnahmen in Bezug auf Datentransfers (in der Regel durch den Abschluss sogenannter Standardvertragsklauseln), die zusätzliche Verpflichtungen in Bezug auf Datenschutz, Datensicherheit und Verletzungsmeldung enthalten.

Fazit

Software-Entwickler sind grundsätzlich nicht dafür verantwortlich, wie der Kunde die Software nutzt, da sie ein System und nicht Inhalt bereitstellen. Wenn Sie jedoch auf dem europäischen oder Schweizer Markt erfolgreich sein möchten, müssen Sie zeigen, dass Ihre Software mit dem Datenschutzrecht kompatibel ist, da Kunden Ihre Lösung sonst wahrscheinlich nicht in Betracht ziehen werden. Wir empfehlen ausserdem, klare vertragliche Vereinbarungen zu treffen, die unter anderem Bestimmungen zur Abgrenzung der Verantwortlichkeiten enthalten, um sicherzustellen, dass der Entwickler nicht für Datenschutzverstösse haftet, die ein Kunde bei der Nutzung der Software begeht. Eine solche vertragliche Vereinbarung ist für SaaS-Anbieter von noch grösserer Bedeutung.

Aus der Praxis

Die rechtlichen Voraussetzungen für interkontinentale Geschäftsbeziehungen zu kennen, ist nur eine Seite der Medaille. Mindestens ebenso wichtig ist es, sich auf den lokalen Alltag einzulassen und mit den Besonderheiten und Gepflogenheiten umgehen zu können.

Wir haben Marco Schommer zum Interview getroffen und ihn nach seinen Eindrücken gefragt. Nach dem Karrierestart bei der ETA SA, des grössten Uhrwerkproduzenten in der Schweiz, hat er über Jahre bei Bulgari SA in Neuenburg und weltweit den Service und Reparaturdienst aufbauen und vor der Auswanderung noch als temporärer CEO die renommierte, internationale Uhrmacherschule Wostep für fast zwei Jahre führen dürfen. Seit 2019 lebt der gebürtige Appenzeller nun in Kigali, der Hauptstadt von Ruanda, wohin er mit seiner Frau ausgewandert ist. Marco Schommer ist Managing Director des Magnet Institute in Ruanda. The Magnet Institute ist eine Ausbildungsorganisation die professionelle Berufsbildung in Ruanda und später in ganz Afrika anbieten wird.

Stellen Sie sich unseren Lesern kurz vor?

Mein Name ist Marco Schommer, 54 Jahre alt, und seit dem 9. Dezember 2019 wohnhaft in Kigali, der Hauptstadt von Ruanda. Meine Frau, eine Ruanderin die auch den Schweizer Pass besitzt, und ich haben uns schon seit über 13 Jahren mit dem Gedanken an eine Auswanderung aus der Schweiz auseinandergesetzt. Die Gründe waren vielfältig. Die Wichtigsten davon waren der Wunsch meiner Frau als Fitnessinstruktorin ein eigenes Fitnessstudio in einem neuen Markt zu betreiben. Und meine Absicht war und ist, die letzten 10 – 15 Jahre der Erwerbszeit mich um eine der dringlichsten und meiner Meinung nach sinnvollsten Herausforderungen in Afrika zu widmen: Wertbasierte, kompetente und praxisnahe Berufsausbildung zu fördern. Den Schritt der Auswanderung wurde übrigens dann in der beliebten Sendung von SRF1, Auf und Davon, trotz Covid-Restriktionen in der 11ten Staffel aufgezeichnet und sogar auf Französisch übersetzt.

Was tun Sie und wie kam es dazu, dass Sie die Brücke zwischen der Schweiz und Ruanda geschlagen haben?

Heute bin ich der Geschäftsleiter von «The Magnet Institute», einer Ausbildungsorganisation die professionelle Berufsbildung in Ruanda und später in ganz Afrika anbieten wird. Wir sind ein Start-up, das 28 rwandischen, erfolgreichen KMU - Unternehmern gehört und Ende 2022 gegründet wurde. Diese Unternehmer gehören alle einer Alumni Organisation an, die aus den Absolventen des Unternehmerförderungsprogrammes der schweizerischen Stiftung Business Professionals Network (BPN) gegründet wurden. BPN ist seit zwölf Jahren in Ruanda tätig und hat durch die ausgebildeten UnternehmerInnen über 6'000 menschenwürdige Arbeitsplätze gehalten und noch einmal 6'000 dazugewonnen – eine beeindruckende Leistung. Neben dem Zugang zu Kapital ist die Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Berufsleuten und vor allem ManagerInnen die grösste Herausforderung für diese KMU. Es gibt zwar auf der einen Seite Universitäten, die Managementkurse für junge Studenten anbieten, und auf der anderen Seite über 400 Berufsschulen in Ruanda, aber beide Angebote sind oft sehr praxisfremd und theoretisch. Die Abgänger finden keine Jobs. Die Angestellten der KMU hingegen finden keine praktische Ausbildungsmöglichkeiten, die sie parallel zur Arbeit auf ein höheres Niveau weiterbilden würden. Das in der Schweiz gängige Modell der dualen Lehrlingsausbildung und der anschliessenden Kaderausbildung durch Berufsverbände und Gewerkschaften ist hier (noch) nicht existent.

Als ich Ende 2019 in Ruanda angekommen bin, hatte ich, ausser Zuversicht, keine Erwerbsgrundlage in Aussicht. Dank ein paar Kontakten, die ich in Ferienzeiten in Ruanda im 2018 aufgebaut hatte, wurde ich dann im Februar 2020 zu einer Konferenz des DEZA und der Stiftung Swisscontact zum Thema «duale Berufsausbildung» eingeladen. Bekannterweise ging es dann im März mit Covid los (Ruanda war sehr restriktiv diesbezüglich), was der Suche nach einer beruflichen Herausforderung nicht sehr bekömmlich war. Im April 2020 hat Swisscontact mir aber einen Beratungsauftrag zum Thema Curriculum für duale Ausbildung in acht verschiedenen Berufen angeboten. Dies hat mir einen tiefen Einblick in die Regierungsarbeit der Bildungsbehörden sowie erste Kontakte zu Unternehmern im Land geboten. Nach einem Jahr und dem Abschluss des Mandates war ich der Überzeugung, dass nur Unternehmer bestimmen können, was ausgebildet werden muss, ansonsten die Berufsbildung weiterhin theoretisch bleiben würde. Deshalb war ich von der Mission von BPN begeistert und bekam die Gelegenheit im März 2021, lokal als Direktor für Unternehmerentwicklung anzuheuern. Das Coaching und einige der Ausbildungen der Unternehmer haben wir lokal selber ausgeführt, für die Ausbildung der Grundlagenseminare haben wir aber erfahrene Schweizer Experten und Unternehmer eingeflogen, was massgeblich die Verhaltensweisen und das Wissen der Unternehmer positiv beeinflusst hat. Diese Erfahrungen und die Beziehungen mit der Schweiz hat eben diese Unternehmer dazu bewogen, dass auch ihre eigene Ausbildungsorganisation "The Magnet Institute" auf Schweizer Werten und Qualitätsniveau bestehen soll. Deshalb haben wir eine Zusammenarbeit mit der Höheren Fachschule für Management und Technologie, sfb-esg-soa angestrebt und kürzlich mit einem Pilottraining schon einmal erfolgreich ausprobiert. Dies also ist die Brücke mit der Schweiz. Persönlich denke ich, dass Ruanda, als eines der sichersten und korruptionsfreiesten Länder Afrikas sehr wohl vieles mit der Schweiz gemeinsam hat und ich mir vorstellen könnte, dass gerade für Schweizer KMU Ruanda sich als Pilotland für erste Geschäfte mit oder von Afrika aus gut eignen kann.

Was gefällt Ihnen besonders an Ihrer Tätigkeit, wo sehen Sie Chancen?

Ich liebe das Netzwerken! Eine gute Ausbildung braucht hervorragende Curricula und ausserordentliche Ausbildner und Moderatoren. Ausserdem braucht es finanzielle Unterstützung über ein paar Jahre, vor allem so lange, bis das Institut selbsttragend wird. Solche Sponsoren und Fachkräfte findet man nur über persönliche Beziehungen. Ausserdem liegt mir der Aufbau von Organisationen, wir sind nach wenigen Monaten schon soweit, dass wir ein gutes Niveau an rechtlicher Gesellschaftsgründung und Finanzmanagement erreicht haben. Die Herausforderung die bekannteste Ausbildungsstätte dieser Art in Afrika zu werden ist extrem motivierend.

Ruanda ist zwar klein, hat aber dank den heutigen Voraussetzungen das Zeug, ein richtiger "Löwinnenstaat" zu werden. Trotz den steuerlichen Belastungen, die sich schrittweise nun verbessern (gerade wurde die Gewinnsteuer um 2% verbessert und soll in paar Jahren noch 20% des Gewinnes betragen) und dank der Rechtssicherheit, bietet der Staat viele Möglichkeiten für ausländische Investoren. Diese werden zunehmend von verschiedenen europäischen, amerikanischen und asiatischen Gesellschaften wahrgenommen. All diese Projekte benötigen lokale Unternehmer, Fachkräfte und fähige Manager - also Leute, die wir ausbilden.

Was sind Ihre grössten Herausforderungen mit Ruanda?

Die grössten Herausforderungen liegen, auch für uns, im Finden von geeignetem lokalen Personal und natürlich im Beschaffen des nötigen Kapitals. Für Letzteres haben wir ein starkes Engagement der beteiligten Unternehmer durch ein für Ruanda aussergewöhnliches Startkapital, dass durch Förderungsgelder des lokalen DEZA verdoppelt und durch die Stiftung BPN in der Schweiz zusätzlich gefördert wird. Um die geeigneten Experten zu finden, sehen wir Potential im Einsatz der eigenen Unternehmer für die Erbringung der Ausbildung ausgewählter Themen und später, nach der Durchführung der Grundprogramme, sicherlich die ausgebildeten Manager als überzeugte Ausbildner.

Die grösste Herausforderung für Ruanda selbst ist sicherlich das rasante Bevölkerungswachstum und die beschränkten Mittel (Ruanda hat nur sehr geringes Rohmaterialvorkommen) sowie die Diskrepanz der eigenen Entwicklung zu den Nachbarländern. Auch die Mitsprache der KMU - Unternehmer in der Entwicklung des Landes ist meiner Meinung nach eine Herausforderung, weil das Land sich bisher praktisch alternativlos auf eine starke Staatsmacht abstützen musste. Das Land muss sich auf den Export von Services und höherwertigen Gütern (aufgrund der Binnensituation und der Grösse Ruandas) konzentrieren, was wiederum nur mit gut ausgebildeten Fachkräften erreicht werden kann. Das ist nicht unmöglich - Singapur war ja vor ein paar Jahrzehnten auch nur ein armes Land auf kleinster Fläche.

Jede Ausgabe des GHR beyond ist interkontinental, aber auch sehr lokal. Inhalte bereiten wir stets mit einem unserer lokalen Partner auf, mit welchem wir bei rechtlichen Themen mit Lokalbezug zusammenarbeiten. Wir danken unseren Partnern herzlich für diesen Effort und die Möglichkeit, interkontinentale Brücken mit lokaler Expertise diesseits und jenseits zu bauen.

Diese Ausgabe des GHR beyond - Africa Edition wurde von nachfolgenden Autoren und Anwaltskanzleien erstellt. Melden Sie sich jederzeit bei den Autoren, wenn Fragen offengeblieben sind oder Sie weitere Informationen zu einem bestimmten Thema benötigen.

 

Für die Ausführungen 
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Stephan A. Hofer
Partner

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nach ruandischem Recht

 

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Rwanda

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Angel Phionah Ampurire
Partner

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