Mai 2019 - Steuervorlage: Konsequenzen der Abstimmung vom 19. Mai 2019
Ein Beitrag des GHR Tax Team
Gerhard Roth
Regina Schlup Guignard
Einführung
Nachdem die Unternehmenssteuerreform III (USTR III) am 12. Februar 2017 an der Urne gescheitert war, wurde gestern die neue Vorlage, angereichert um eine Prise AHV Zusatzfinanzierung, angenommen. Über den Inhalt der Steuervorlage haben wir bereits in der GHR TaxPage April 2018 informiert. Nachfolgend zeigen wir die Konsequenzen und neuen Handlungsoptionen auf, welche sich aus der angenommenen Steuervorlage für Sie ergeben.
Abschaffung Steuerprivilegien: Step-up
Die ESTV hatte bereits vor der Abstimmung angekündigt, ihre Praxis betreffend Prinzipalgesellschaften und Schweizer Finanzbetriebsstätten (Swiss Finance Branches) per Ende Jahr aufzuheben. Aufgrund der Abstimmung werden die bisherigen kantonalen Steuerprivilegien der Holding-, Domizil- und gemischten Gesellschaften, per 1. Januar 2020 ebenfalls abgeschafft. Damit gehören die bisher ganz oder teilweise steuerbefreiten Erträge sowie die deutlich tieferen Kapitalsteuersätze der betroffenen Gesellschaften bald der Vergangenheit an. Die beim Statuswechsel vorhandenen stillen Reserven inklusive der selbstgeschaffene Mehrwert (Goodwill), welche unter dem bisherigen Regime nicht steuerbar gewesen wären, werden mit Inkrafttreten der Steuerrevision durch die kantonalen Steuerverwaltungen verbindlich festgesetzt. Bei einer Realisation (z.B. Verkauf) innert fünf Jahren, werden diese, nun realisierten stillen Reserven zu einem deutlich tieferen kantonalen Sondersatz besteuert (Sondersatzlösung). Die kantonalen Sondersätze, soweit bekannt, variieren erheblich und liegen zwischen 1% und 13%. Damit entfällt unter anderem der Ausweis von latenten Steueraktiven (deferred tax assets).
Reduktion der kantonalen Steuersätze
Zur Erhaltung der Steuerattraktivität können die Kantone die Gewinnsteuersätze reduzieren sowie Patente, Beteiligungen oder Konzerndarlehen privilegiert besteuern. Viele Kantone haben oder werden die Gewinnsteuersätze in sehr unterschiedlichem Umfang reduzieren.
Dividenden: Steuererhöhung bei natürlichen Personen
Dividenden aus Beteiligungen von mindestens 10% werden bei natürlichen Personen privilegiert besteuert. Neu wird die Privilegierung sowohl betreffend Verfahren als auch in Bezug auf den Anwendungsbereich vereinheitlicht. Dividenden werden auf Stufe Bund einheitlich mit 70% in die Bemessungsgrundlage einbezogen (bisher: 50% bei Geschäftsvermögen bzw. 60% bei Privatvermögen). Für die Kantone gilt neu eine Untergrenze von 50%. Auch hier sind die Unterschiede beträchtlich (50%: NW, OW, SZ, ZG und ZH; 80%: BS).
Streubesitz: Steuerfalle bei Verkauf in mitbeherrschte Gesellschaft
Werden Beteiligungen vom Privatvermögen an Unternehmen verkauft, an welcher der Verkäufer zu mindestens 50% beteiligt ist, ist künftig in jedem Fall (bisher nur bei Verkauf von einer Beteiligung von mindestens 5%) abzuklären, ob aufgrund einer sogenannten Transponierung der vermeintlich steuerfreie Kapitalgewinn in einen steuerbaren Kapitalertrag umqualifiziert wird.
Empfehlung
Für Kapitalgesellschaften ist eine vertiefte Analyse der Möglichkeit eines altrechtlichen Step-ups gegenüber der neurechtlich anwendbaren Sondersatzlösung vorzunehmen.
Aufgund der kantonal unterschiedlichen Umsetzung der Steuerreform kommt der Wahl des Gesellschaftssitzes eine noch grössere Bedeutung zu.
Bei natürlichen Personen, insbesondere bei inhabergeführten Kapitalgesellschaften, ist die Möglichkeit einer vorgängigen (Substanz-) Dividende abzuklären. Zudem sind die Auswirkungen der Ausdehnung der Besteuerung bei künftig geplanter Einbringung von Streubesitzbeteiligungen in Gesellschaften im Einzelfall zu beurteilen. Da die Inkraftsetzung der Steuervorlage auf den 1. Januar 2020 geplant ist, sind entsprechende Massnahmen noch in diesem Kalenderjahr umzusetzen.