Februar 2019 - Geschäftsort, Betriebsstätte und die steuerlichen Konsequenzen

 

Ein Beitrag des GHR Tax Team

Gerhard Roth
Regina Schlup Guignard

 

Einführung

Die Autonomie der Kantone bei der Festlegung der kantonalen Steuersätze ist in der Bundesverfassung garantiert. Dass sich dadurch ein Steuerwettbewerb unter den Kantonen bildet, ist gewollt. Die Wahl des Geschäftsortes oder einer Betriebsstätte nach steuerlichen Gesichtspunkten bzw. die Begründung einer Betriebsstätte in steuergünstigen Kantonen ist daher nicht zu pönalisieren, sondern Folge der Kantonsautonomie. Unzulässig sind hingegen ungerechtfertigte Verschiebungen von Steuersubstrat in "Steueroasen". Im internationalen Verhältnis gilt dasselbe. Wann aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit die beschränkte Steuerpflicht an einem steuergünstigen Ort begründet wird sowie was dabei zu beachten ist, wird nachfolgend erläutert.

 

Geschäftsort

Wer eine Einzelfirma betreibt, ist selbständig Erwerbstätig. Wird die Einzelfirma an einem anderen Ort als am Wohnsitz (Hauptsteuerdomizil) des Selbständigerwerbenden (Steuerpflichtiger) in dauernden körperlichen Einrichtungen und Anlagen betrieben, begründet der Steuerpflichtige am Geschäftsort der Einzelfirma ein Spezialsteuerdomizil. Bei einem Teilhaber an einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaften ist lediglich der Lohnanteil am Hauptsteuerdomizil steuerbar, bei einem Inhaber einer Einzelfirma wird sämtliches Erwerbseinkommen aus der selbständigen Erwerbstätigkeit sowie das Geschäftsvermögen am (steuergünstigeren) Geschäfts- und nicht am Wohnort besteuert, was steuerlich sehr attraktiv sein kann. Einzig zur Bestimmung des anwendbaren Steuersatzes wird der Geschäftsort sämtliche Einkünfte und Vermögenswerte des Steuerpflichtigen berücksichtigen.

In zunehmenden Fällen hinterfragt deshalb der Hauptsteuerort die Rechtsmässigkeit eines (steuergünstigen) Nebensteuerdomizils. Eine formelle Erklärung wie z.B. durch einen Handelsregistereintrag, einen Briefkasten    oder ein Postfach sind lediglich Indizien für das Vorliegen eines Spezialsteuerdomizis. Die Anerkennung hängt vielmehr vom Vorliegen der für die Ausübung der Geschäftstätigkeit erforderlichen Infrastruktur z.B. Büroräumlichkeiten sowie den tatsächlichen Verhältnissen ab. Unerheblich ist, ob die Infrastruktur gemietet oder im Eigentum des Steuerpflichtigen steht. Wird die Haupttätigkeit einer Unternehmung in erster Linie dezentral bei verschiedenen Kunden erbracht, genügt es, dass die übrigen Tätigkeiten wie z.B. administrative Arbeiten,

Buchhaltung etc. am Geschäftsort ausgeübt werden. Hingegen können ein tiefer Mietzins, eine ungenügende Infrastruktur oder fehlende Nachweise der effektiven Ausübung der Geschäftstätigkeit am geltend gemachten Geschäftsort die Steuerbehörden am Hauptsteuerdomizil dazu veranlassen, ein Scheindomizil anzunehmen und sämtliche Einkünfte zu besteuern.

Ist die ausgeübte Tätigkeit jedoch Teil eines übergeordneten Geschäftsbetriebes, liegt nicht mehr ein Spezialsteuerdomizil (Geschäftsort), sondern ein sekundäres Steuerdomizil (Betriebsstätte) vor.

 

Betriebsstätte

Ein Selbständigerwerbender kann seine Geschäftstätigkeit neben dem Geschäftsort zusätzlich an einem anderen Ort in einer Betriebsstätte ausüben. Die in der Betriebsstätte ausgeübte Tätigkeit muss einerseits zum eigentlichen Geschäftsbetrieb oder zum betrieblichen Teil des Unternehmens gehören und in festen Geschäftseinrichtung erfolgen. Im interkantonalen Verhältnis wird zudem verlangt, dass am Ort der Betriebsstätte ein qualitativ und quantitativ wesentlicher Teil des technischen und kommerziellen Betriebs des Unternehmens vollzogen wird. Damit soll eine interkantonale Aufsplitterung der Steuerhoheit bei bloss untergeordneter und nebensächlicher Tätigkeiten verhindert werden. Die Einkünfte der Betriebsstätte werden alsdann zwischen dem Geschäftsort bzw. dem Hauptsteuerdomizil einer juristischen Person und dem Betriebsstätteort aufgeteilt. Im internationalen Verhältnis entfällt hingegen die zusätzliche Voraussetzung der qualitativen und quantitativen Erheblichkeit und die Schweiz besteuert grundsätzlich die gesamten Einkünfte einer Betriebsstätte in der Schweiz.

 

Empfehlung

Die Wahl des Geschäftsortes bzw. die Begründung einer Betriebsstätte in einem steuergünstigen Kanton oder einem steuergünstigen Staat ist eine zulässige Steueroptimierung. Zu beachten ist jedoch, dass die Geschäftstätigkeit in einem anderen Kanton/Staat auch wirklich gelebt wird. Andernfalls kann dies erhebliche finanzielle, aber auch rufschädigende Folgen haben. Gerne stehen wir Ihnen für weitere Fragen zur Verfügung.

 

Artikel als PDF herunterladen