Oktober 2018 - Parlament greift bei der Rückerstattung der Verrechnungssteuer korrigierend ein

 

Ein Beitrag des GHR Tax Team

Gerhard Roth
Regina Schlup Guignard

 

Ausgangslage

Auf Kapitalerträgen (v.a. Zinsen, Dividenden oder geldwerte Leistungen) wird die Verrechnungssteuer von 35% erhoben.

Eine Person mit Wohnsitz in der Schweiz hat Anspruch auf Rückerstattung der vollen Verrechnungssteuer, sofern sie an den entsprechenden Vermögenswerten nutzungsberechtigt ist und die verrechnungssteuerbelasteten Erträge ordnungsgemäss in der ersten Steuererklärung nach deren Fälligkeit als steuerbare Einkünfte deklariert (Sicherungszweck).

 

Die leidvolle Geschichte der Rückerstattung  

Deklarierte ein Steuerpflichtiger in seiner Steuererklärung z.B. Aktien, vergass aber die daraus erzielten Dividenden aufzuführen, rechneten die meisten kantonalen Steuerbehörden in früheren Jahren diese bei den steuerbaren Einkünften auf. Damit unterlagen sie der Einkommenssteuer. Im Gegenzug wurde die Rückerstattung der auf den Dividenden erhobenen Verrechnungssteuern gewährt. Damit war dem Sicherungszweck genüge getan.

Aufgrund einer verschärften Praxis wurde diese pragmatische Lösung der kantonalen Steuerverwaltungen durch ein Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung ESTV unterbunden. Seit 2014 wurden nur noch Verrechnungssteuern zurückerstattet, wenn der Steuerpflichtige von sich aus (spontan) die vergessenen Dividendenerträge der kantonalen Steuerverwaltung meldete. Wurde der Fehler von der Steuerverwaltung vorher bemerkt und die Dividenden bei den steuerbaren Einkünften aufgerechnet, galt der Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer als verwirkt. Haben die kantonalen Steuerverwaltungen in solchen Fällen aus Kulanz eine Rückerstattung gewährt, erwirkte die ESTV gar die Rückzahlung bereits geleisteter Rückerstattungen. Folge davon war eine zweifache Besteuerung dieser Erträge – einmal durch die Einkommenssteuer und einmal durch die Verrechnungssteuer. Die effektive Steuerbelastung betrug jeweils über 60% der betroffenen Erträge.

 

Gesetzesänderung ab 1. Januar 2019

Basierend auf der Motion von NR Daniela Schneeberger hat das Parlament in der Herbstsession 2018 erneut korrigierend eingegriffen (vgl. auch GHR TaxPage März 2017).

Der Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer bleibt gemäss der beschlossenen Revision bestehen, wenn die Einkünfte oder das Vermögen in der Steuererklärung fahrlässig nicht deklariert wurde und in einem noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Veranlagungs-, Revisions- oder Nachsteuerverfahren nachträglich angegeben oder von den Steuerbehörden selbst aufgerechnet werden. Es ist davon auszugehen, dass gegen diese Revision das Referendum nicht zustande kommen und diese somit auf den 1. Januar 2019 in Kraft treten wird. Damit bestünde für Ansprüche, die seit dem 1. Januar 2014 entstanden sind, ein Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Das Augenmerk wird sich jedoch vermehrt auf die Frage richten, ob die Nicht-Deklaration fahrlässig erfolgte oder nicht. Bei einer versuchten vorsätzlichen Steuerhinterziehung bleibt die Rückerstattung weiterhin ausgeschlossen.

 

Empfehlung

Steuererklärungen sind vollständig und korrekt auszufüllen. Wurden trotz aller Vorsicht Kapitalerträge versehentlich nicht deklariert, kann es sich lohnen, verweigerte Verrechnungssteuerrückerstattungen ab 2019 geltend zu machen. Zur Abklärung, ob sich dies im konkreten Einzelfall lohnt, empfehlen wir, sich bei steuer- oder steuerstrafrechtlich kompetenten Fachpersonen beraten zu lassen. Wir empfangen Sie gerne zu einem unverbindlichen Erstgespräch.

 

Artikel als PDF herunterladen