Juli 2018 - Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit – und die Liegenschaften?

 

Ein Beitrag des GHR Tax Team

Gerhard Roth
Regina Schlup Guignard

 

Ausgangslage

Wer als Einzelunternehmer oder Kollektivgesellschafter ein Unternehmen führt, gilt als selbständig erwerbstätig. Bei der Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit stellt sich meistens die Frage, was mit den Geschäftsliegenschaften geschieht. Zur Beantwortung dieser Frage liefert die vorliegend TaxPage einige Anhaltspunkte.

 

Grundsatz

Vermögenswerte, die ganz oder überwiegend der selbständigen Erwerbstätigkeit dienen, gehören als Ganzes zum Geschäftsvermögen. Massgebend ist nicht, ob der Eigentümer die Liegenschaft an ein Unternehmen vermietet, sondern ob der Eigentümer selbst die Liegenschaft überwiegend für geschäftliche Zwecke nutzt. Die Beendigung der selbständigen Tätigkeit führt deshalb grundsätzlich zu einer sogenannten Überführung der Liegenschaft vom Geschäfts- ins Privatvermögen des Eigentümers. Diese Überführung wird steuerrechtlich wie eine Veräusserung von Geschäftsvermögen behandelt. Die Differenz zwischen Buchwert der Liegenschaft und Verkehrswert (sog. stille Reserven) unterliegt beim Bund der Einkommenssteuer und ist AHV-pflichtig. Die Besteuerung auf kantonaler Ebene folgt unterschiedlichen Systemen:

  • Dualistisches System (u.a. AG, GR, LU, SG, ZG)

Gewinne aus der Veräusserung von Geschäftsliegenschaften unterliegen der Gewinnsteuer bzw. der Einkommenssteuer und der AHV-Beitragspflicht.

  • Monistisches System (u.a. BE, NW, SZ, ZH)

Wieder eingebrachte Abschreibungen unterliegen der Gewinnsteuer bzw. der Einkommenssteuer sowie der AHV-Beitragspflicht; Wertzuwachsgewinne (Verkaufserlös-Anschaffungskosten) unterliegen der kantonalen Grundstückgewinnsteuer. Zudem sind allenfalls MWST-Vorsteuerkorrekturen (Rückzahlung) vorzunehmen, wenn innerhalb der letzten 20 Jahre Vorsteuern auf wertvermehrenden Investitionen geltend gemacht worden sind.

 

Was, wenn die Steuerlast zu hoch ist?

Bei bisherigen Geschäftsliegenschaften sind die stillen Reserven und damit die Steuerbelastung bei einer Überführung in der Regel sehr hoch. Um dem entgegenzuwirken, werden stiller Reserven bei Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit nach dem 55. Altersjahr oder infolge Invalidität privilegiert besteuert. Sind die Voraussetzungen für diese privilegierte Besteuerung nicht gegeben, besteht zudem die Möglichkeit, dass auf Antrag vorerst nur die Differenz zwischen dem Buchwert der Liegenschaft und deren Anlagekosten (Kaufpreis und wertvermehrende Aufwendungen) steuerlich erfasst wird. Der sogenannte Wertzuwachs aufgrund der Marktverhältnisse (Differenz Anlagekosten-Verkehrswert), welcher in den letzten Jahren in der Regel erheblich zugenommen hat, kann demgegenüber aufgeschoben werden.

 

Aber Achtung!

So reizvoll dieser Aufschub ist und so gut es der Gesetzgeber damit gemeint haben wird, ist von dieser Möglichkeit nicht ohne genaue Analyse Gebrauch zu machen. Gemäss Praxis der Steuerverwaltung wird die Liegenschaft bei Beanspruchung des Steueraufschubes alsdann als Privatvermögen und Erträge daraus als Erträge aus unbeweglichem Vermögen qualifiziert. Dies hat zur Folge, dass keine Abschreibungen oder Rückstellungen und MWST-Vorsteuern mehr geltend gemacht werden können. Zudem unterliegen die Abzüge der Schuldzinsen einer Beschränkung. Da aufgeschoben bekanntlich nicht aufgehoben ist, wird demgegenüber bei einem späteren Verkauf der Liegenschaft der Gewinn bei der direkten Bundessteuer und bei Kantonen mit dualistischem System als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit erfasst. Der privilegierte Steuersatz wie bei der Aufgabe ist dann jedoch nicht (mehr) anwendbar. Zudem werden auch AHV-Beiträge erhoben, welche, da die selbständige Erwerbstätigkeit aufgegeben wurde, nicht mehr als Aufwand verbucht werden können. Dies gilt auch dann, wenn der Verkauf mehrere Jahre nach Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit erfolgt.

 

Fazit

Die Inanspruchnahme dieser Möglichkeit des Steueraufschubes will gut überlegt sein. Solange die Praxis deren Handhabung nicht ändert, ist bei erwarteter Wertsteigerung nach Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit ohne genaue Analyse der Gesamtsituation davon eher abzuraten.

 

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