September 2019 - Kryptowährungen – eine erste steuerliche Auslegeordnung

 

Ein Beitrag des GHR Tax Team

Gerhard Roth
Regina Schlup Guignard, LL.M.

 

Einführung

Kryptowährungen begegnen uns heute auf Schritt und Tritt. Wie andere Zahlungsmittel werden auch sie vermehrt zur kollektive Mittelbeschaffung genutzt. Daraus ergeben sich automatisch neue steuerliche Fragestellungen, welche die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) in einem jüngst publizierten Arbeitspapier eingehend diskutiert hat.
 

Kryptowährungen und  ihre Ausgestaltung

Die Ausgabe von und der Handel mit Bitcoins, Ether, Monero und wie sie alle heissen, sind grundsätzlich steuerlich relevant.  Je nach Art, Umfang und Finanzierung von Kauf und Verkauf von Kryptowährungen kann eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliegen, welche Einkommenssteuern und Sozialabgaben auslösen kann. Erhalten Mitarbeitende einen Teil ihres Lohnes in Form von Token, ist deren Wert umgerechnet in CHF im Zeitpunkt des Zuflusses durch den Arbeitgeber im Lohnausweis auszuweisen. Dieser Wert unterliegt beim Arbeitnehmer der Einkommenssteuer. Bei einer Investition ist die Unterschei­dung, ob eine Kryptowährung in Form eines reinen digitalen Zahlungsmittels vorliegt oder ob damit weitere, vertragliche Verpflichtungen (feste Entschädigung, Rückzahlung, Nutzungsrecht) verknüpft sind, entscheidend:

Native-Token sind reine digitale Wertrechte ohne weitere Verpflichtungen. Sie qualifizieren als bewegliches Kapitalvermögen und können damit aus Privatvermögen steuerfrei veräussert werden. Der von der ESTV publizierte Wert oder bei Fehlen eines solchen der Kaufpreis unterliegt der Vermögenssteuer. Werden Token geschürft (sog. Mining), stellen die dafür bezahlten Token bei natürlichen Personen Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit dar.

Asset-backed-Token geben dem Investor einen Anspruch auf eine feste Entschädigung oder eine Beteiligung an einer im Voraus bestimmten Referenzgrösse. Je nach konkreter Ausgestaltung wird zwischen Fremd-, Eigenkapital- oder Partizipations-Token unterschieden:

  • Fremdkapital-Token verpflichten den Emittenten zur Rückzahlung der Investition, allenfalls zzgl. Zins. Sie werden steuerrechtlich wie Obligationen behandelt. Ihr Handel, nicht aber ihre Ausgabe, unterliegen der Umsatzabgabe. Zinsen oder ein allfälliges Emissionsdisagio werden beim Investor einkommenssteuerlich erfasst und unterliegen der Verrechnungssteuer.
  • Eigenkapital-Token sehen keinen Rückzahlungsanspruch des Investors vor. Hingegen erhält er ein Anrecht auf eine Geldzahlung im Verhältnis zum Gewinn und/oder dem Liquidationsergebnis. Beim PartizipationsToken erhält der Investor ein verhältnismässiges Anrecht an einer Referenzgrösse (z.B. Umsatz, EBIT, Lizenzertrag). Beim Emittenten stellen die zugeflossenen Mittel Ertrag dar. Vertragliche Verpflichtungen können unter bestimmten Voraussetzungen aufwandwirksam als Rückstellung verbucht werden, welche in den Folgejahren nach der GoLive-Phase erfolgswirksam aufgelöst werden können. Die Geldleistungen an den Investor unterliegen bei Einhaltung bestimmter Kriterien der Einkommensteuer.

Utility-Token verleihen dem Investor keine geldwerten Rechte. Er erhält stattdessen ein Recht auf Nutzung digitaler Dienstleistungen, welche auf Basis einer Blockchain-Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden. Beim Emittenten sind die Steuerfolgen grundsätzlich gleich wie bei Eigenkapitals-Token, jedoch ist bei Auflösung der Rückstellungen jeweils auch ein Gewinnzuschlag zu verbuchen. Beim Investor liegt eine steuerneutrale Vermögensumschichtung vor. Der Marktwert der Utility-Token unterliegt der Vermögenssteuer. Der Gewinn aus dem Verkauf ist hingegen grundsätzlich steuerfrei.
 

Empfehlung

Die Ausgabe von und der Handel mit Kryptowährungen sind eine noch sehr junge Disziplin, deren steuerliche Konsequenzen mit Sicherheit noch nicht vollständig durchdrungen sind. Hinzu kommt die rasante Entwicklung auf diesem Gebiet. Es wird für die Steuerverwaltung eine enorme Herausforderung sein, allein schon nachzuvollziehen, was der Markt an Innovationen kreiert, geschwiege denn die steuerliche Themenführerschaft zu übernehmen. Das GHR TaxTeam befasst sich laufend und sehr eingehend mit diesem Thema und wird Sie in loser Folge über die jüngsten Entwicklungen auf dem Laufenden halten.

 

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