Februar 2020 - Verrechnungssteuer: Erleichterungen mit Tücken

 

Ein Beitrag des GHR Tax Team

Gerhard Roth
Regina Schlup

 

Einführung

Zahlt ein Schuldner (z.B. Bank) mit Sitz in der Schweiz Zinsen, Dividenden und Erträge von kollektiven Kapitalanlagen aus, hat er davon 35 % Quellensteuer an die eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) abzuliefern (sog. Schuldnerprinzip). Einem Anleger werden somit nur 65 % der ihm zustehenden Kapitalerträge ausbezahlt. Die Voraussetzungen zur Rückerstattung der Verrechnungssteuer wurden vor kurzem erleichtert, wobei einige formelle Tücken zu beachten sind.

 

Rückerstattung an juristische Personen

Juristische Personen mit Sitz in der Schweiz können frühestens nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem eine Dividende/ein Zins fällig geworden war, die Verrechnungssteuer von der ESTV zurückfordern. Voraussetzung ist, dass der Kapitalertrag ordnungsgemäss in der Jahresrechnung des Fälligkeitsjahres verbucht worden war und die juristische Person bei Fälligkeit das Nutzungsrecht an den ertragsabwerfenden Vermögenswerten hatte. Muss z.B. aufgrund vertraglicher Verpflichtungen die Dividende weitergleitet werden, verweigert die ESTV die Rückerstattung. In diesem Fall lastet dem Kapitalertrag neben der Gewinnsteuer zusätzlich die Verrechnungssteuer, was zu einer Steuerlast von über 50 % führen kann. Bei Gutheissung der Rückerstattung, zahlt die ESTV die Verrechnungssteuer zurück, jedoch ohne Zins. Je nach Zinsumfeld und Liquidität kann es deshalb von Vorteil sei, die Dividendenfälligkeit Ende Jahr festzusetzten und den Rückerstattungsantrag Anfangs des darauffolgenden Jahres einzureichen. Der Rückerstattungsantrag ist spätestens innert drei Jahren nach Ablauf des Fälligkeitsjahres einzureichen, andernfalls erlischt das Rückerstattungsrecht und die ESTV behält die Verrechnungssteuer.

Juristische Personen mit Sitz im Ausland können die Verrechnungssteuer nur zurückfordern, wenn dies in einem Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehen ist.

 

Erleichterung im Konzern: Meldeverfahren

Ist eine Gesellschaft (MG) zu mindestens 20 % unmittelbar am Grundkapital einer anderen Gesellschaft (TG) beteiligt, kann die ESTV der TG auf Gesuch hin die Bewilligung erteilen, die Dividenden ohne Abzug der Verrechnungssteuer an die MG auszuzahlen. Die TG muss jedoch der ESTV die Dividendenzahlungen an die MG innerhalb von 30 Tagen nach Dividendenfälligkeit melden. Seit 2017 führt eine verspätete Meldung durch die TG nicht mehr zum Verlust des Meldeverfahrens.

Der TG droht jedoch unabhängig von der Höhe der ausbezahlten Dividende eine Busse von CHF 5'000.

 

Rückerstattung an natürliche Personen

Voraussetzung der Rückerstattung ist, dass die natürliche Person ihren Wohnsitz in der Schweiz hat und an den Vermögenswerten nutzungsberechtigt ist. Wenn der Vermögensertrag nicht ordnungsgemäss in der Steuererklärung des Fälligkeitsjahres deklariert wird, verwirkt der Rückerstattungsanspruch. Seit 2019 tritt die Verwirkung jedoch nicht ein, wenn die Kapitalerträge fahrlässig nicht deklariert worden sind, aber in einem noch laufenden Veranlagungs-, Revisions- oder Nachsteuerverfahren nachträglich angegeben oder durch die Steuerbehörden aufgerechnet werden. Die Rückerstattung kann somit auch noch im Rahmen einer straflosen Selbstanzeige gewährt werden. Diese neue Regelung ist für Rückerstattungsansprüche anwendbar, die seit dem 1. Januar 2014 entstanden sind. Im Dezember 2019 hat die ESTV nun präzisiert, dass als Fahrlässigkeit eine pflichtwidrige Unvorsichtigkeit gilt, welche nach den persönlichen Verhältnissen beurteilt wird (analog zum Strafrecht). Ergibt sich die Fahrlässigkeit aus den Akten, gewährt die ESTV die Rückerstattung. Andernfalls muss die steuerpflichtige Person darlegen oder glaubhaft machen, dass die Nichtdeklaration fahrlässig erfolgte. Von dieser Erleichterung unberührt bleibt die Voraussetzung, dass der Rückerstattungsantrag innert drei Jahre nach dem Fälligkeitsjahr, oder bei einer Verrechnungssteuererhebung aufgrund einer Intervention der ESTV innerhalb von 60 Tagen nach Entrichtung der Verrechnungssteuer gestellt werden muss.

 

Empfehlung

Wird die Rückerstattung verweigert obwohl die Erträge besteuert werden, führt dies zu einer überproportionalen Besteuerung. Deshalb ist ein spezielles Augenmerk auf die Einhaltung formeller Voraussetzungen zu richten. Bei Aufrechnungen von geldwerten Leistungen durch die Steuerbehörden im Veranlagungs- oder Nachsteuerverfahren, welche in letzter Zeit vermehrt erfolgen, empfiehlt sich der rechtzeitige Beizug einer Fachperson zur Geltendmachung der Rückerstattungsansprüche.

 

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