November 2021 - Einführung des Kapitalbandes: Steuerrechtliche Chancen?

 

Ein Beitrag von

Gerhard Roth

 

Einleitung

Die breit diskutierte Aktienrechtsrevision wird auch im Steuerrecht diverse Neuerungen nach sich ziehen. Im Rahmen dieser GHR TaxPage möchten wir Ihnen aufzei­gen, welche Chancen das neue Instrument des Kapital­bandes für nicht börsenkotierten Aktiengesellschaften er­öffnet.

 

Das Kapitalband

Der Entwurf des neuen OR ("nOR") sieht in Art. 653s ff. nOR die Einführung eines Kapitalbandes vor. Beim Institut des Kapitalbandes wird die genehmigte Kapitaler­höhung mit der genehmigten Kapitalherabsetzung kombi­niert. Der Verwaltungsrat kann während maximal fünf Jahren das Aktienkapital innerhalb statutarisch festgeleg­ter Grenzen verändern. Da sowohl die Kapitalerhöhung wie auch die Kapitalherabsetzung steuerrechtlich relevant sind, stellt sich die Frage, welche Lösungen das Steuer­recht für das Kapitalband bereithält.

 

Emissionsabgabe

Kapitalerhöhungen unterliegen gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a StG der Emissionsabgabe. Die Emissionsabgabeforderung entsteht dabei grundsätzlich im Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister bzw. bei der bedingten Kapitalerhö­hung im Zeitpunkt der Ausgabe der Beteiligungsrechte (Art. 7 Abs. 1 lit. a und abis StG). Unter Beachtung der Freigrenze von CHF 1 Mio., würde dies dazu führen, dass jede Erhöhung des Aktienkapitals die Emissionsabgabe auslöst. Aus diesem Grund wurde die sogenannte Net­tobetrachtung ins Stempelsteuerrecht aufgenommen (Art. 7 Abs. 1 lit. f nStG und Art. 9 Abs. 3 nStG). Danach sind Zuflüsse mit Abflüssen zu verrechnen, solange sie sich innerhalb des statutarischen Kapitalbandes bewegen.

Die Emissionsabgabeforderung im Zusammenhang mit der Ausgabe von Beteiligungsrechten entsteht somit erst bei Erreichen der Obergrenze mit Ablauf der für das Kapitalfenster festgelegten Zeitperiode. Dies führt fak­tisch zu einem Steueraufschub der Emissionsabgabe von maximal fünf Jahren.

 

Kapitaleinlagereserve (KER)

Leisten Aktionäre im Rahmen einer Kapitalerhöhung ein Agio, führt dies zur Bildung einer KER, welche grund­sätzlich steuerfrei ausgeschüttet werden kann. Analog den
Bestimmungen zur Emissionsabgabe unterliegt jedoch auch die KER der Nettobetrachtung und wird daher erst am zeitlichen Ende des Kapitalbandes durch die ESTV be­stätigt.

 

Einkommenssteuer und Verrechnungssteuer

Aktienrückkäufe im Zusammenhang mit Kapitalherab­setzungen von nicht börsenkotierten Gesellschaften erfol­gen in der Regel direkt von den Aktionären. Werden dadurch Einkommens- oder Verrechnungssteuern ausge­löst, werden diese sofort fällig und nicht erst im Zeit­punkt des Ablaufs des Kapitalbandes.

Gemäss Nettoprinzip wird die im Rahmen eines Kapital­bandes geschaffene KER mit den Kapitalherabsetzungen verrechnet und wiederum erst am Ende des Kapitalban­des bestätigt. Somit ist es möglich, dass es im Zeitpunkt der Kapitalherabsetzung an bestätigten KER fehlt und die im Kapitalband geschaffene KER beim Aktionär mit der Einkommens- und Verrechnungssteuer erfasst wird (Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG und Art. 4a Abs. 1 VStG).

 

Fazit

In Bezug auf die Emissionsabgabe bietet das neue Kapital­band Chancen: der Steueraufschub und die Anwendung des Nettoprinzips führen zu einer zweifachen Privilegie­rung gegenüber einer nicht durch ein Kapitalband getra­genen Kapitalerhöhung.

Bei der Einkommens- und Verrechnungssteuer hingegen ist das Kapitalband weniger attraktiv. KER, welche inner­halb des Kapitalbandes geschaffen werden, ist unter Um­ständen noch nicht anerkannt, was zu einer steuerlichen Belastung einer Kapitalherabsetzung führen kann. Dies ist im Gesetzgebungsprozess allenfalls noch nachzubessern.

 

Artikel als PDF herunterladen