Juli 2023 - Die Schweiz sagt Ja - Ja zur OECD-Mindeststeuer

 

Ein Beitrag von

Gerhard Roth 
Jil Suter

 

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Einführung

In der Volksabstimmung vom 18. Juni 2023 hat die Schweizer Bevölkerung Ja zur Umsetzung des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung grosser Unternehmensgruppen gesagt. Das Projekt umfasst zwei Ansätze: Die Besteuerung im Marktstaat (Säule 1) sowie die Mindestbesteuerung (Säule 2). Was bedeutet das konkret?


Besteuerung im Marktstaat (Säule 1)

Durch die Annahme der Vorlage wurden die Voraussetzungen für die Einführung der Säule 1 geschaffen. Die Besteuerung im Marktstaat besagt, dass Unternehmensgruppen mit einem jährlichen Umsatz von mind. EUR 20 Mia. und einer Gewinnmarge von mind. 10% auch dort besteuert werden sollen, wo sie ihre Waren verkaufen oder Dienstleistungen erbringen. Für die Umsetzung dieser Säule 1 ist jedoch ein internationales Übereinkommen notwendig. Derzeit ist noch offen, ob sich die Schweiz einem solchen Übereinkommen in Zukunft anschliessen würde.


Mindestbesteuerung (Säule 2)

Im Vordergrund steht deshalb die Einführung der Mindestbesteuerung von 15% und damit die Umsetzung der Säule 2. Der Bundesrat kann und wird nun eine temporäre Verordnung – die Mindestbesteuerungsverordnung ("MindStV") – per 1. Januar 2024 erlassen. Die zweite Vernehmlassung zur MindStV dauert bis zum 14. September 2023.


Wer ist von der Säule 2 betroffen?

Grosse international tätige Unternehmensgruppen sind von der Mindestbesteuerung betroffen. Voraussetzung sind steuerliche Anknüpfungspunkte (z.B. Tochtergesellschaften, Betriebsstätten) in mind. zwei Staaten, sowie ein Jahresumsatz von mind. EUR 750 Mio.. Sind diese Voraussetzungen gegeben, unterliegen die betroffenen Unternehmen in jedem Staat mit steuerlichem Anknüpfungspunkt einer Mindestbesteuerung von 15%.



Die Ergänzungssteuer

Wird ein betroffenes Unternehmen in der Schweiz unter einem Satz von 15% besteuert, kann die Schweiz die sog. Ergänzungssteuer erheben. Mit der Ergänzungssteuer wird die Differenz zwischen dem effektiven Steuersatz – bspw. 10% – und dem Mindeststeuersatz von 15% ausgeglichen. Der Ergänzungssteuersatz würde in diesem Beispiel 5% betragen. Wird die Ergänzungssteuer nicht von der Schweiz erhoben, können andere Staaten diese Differenz einziehen. Die Steuer wird mittels gemischtem Veranlagungsverfahren von der wirtschaftlich bedeutendsten Einheit der Gruppe erhoben.

 

Verteilschlüssel und Finanzausgleich

Der Ertrag aus der Ergänzungssteuer wird zwischen Bund (25%) und Kanton (75%) aufgeteilt, wobei die 75% demjenigen Kanton zustehen, in welchem das betroffene Unternehmen steuerpflichtig ist.

 

 

Mit einem Teil der Einnahmen werden sich Bund und Kantone am nationalen Finanzausgleich beteiligen, weshalb auch Kantone ohne solche Unternehmen von der Ergänzungssteuer profitieren. Dadurch wird verhindert, dass Kantone mit einer tiefen Gewinnsteuerbelastung an Standortattraktivität verlieren.

 

Das Gesetz

Der Bundesrat ist verpflichtet, dem Parlament innerhalb von 6 Jahren einen Gesetzesentwurf vorzulegen. Es wird sich somit zeigen, ob insbesondere am Verteilungsschlüssel festgehalten wird oder allenfalls Korrekturen vorzunehmen sind.