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Revision FMG und Verordnungen Zugang zu Liegenschaftserschliessung und Gebäudeinstallation

28.12.2020 Publikationen

 

Ein Beitrag von 

Marc Grüninger 
Patrizia Lorenzi

 

Einleitung

Der Bundesrat hat am 18. November 2020 die revidierten Ausführungsbestimmungen zum Fernmeldegesetz (FMG) verabschiedet. Die Revision erfolgte aufgrund der Teilrevision des FMG, welche am 22. März 2019 vom Parlament verabschiedet wurde.

 

Revidiertes FMG

Der Fernmeldemarkt hat in den letzten Jahren eine ausserordentliche, von der Digitalisierung geprägte Entwicklung durchgemacht. Um dieser Dynamik Rechnung zu tragen, hat das Parlament im Frühjahr 2019 das FMG angepasst. Dabei wurden insbesondere Konsumentenanliegen gestärkt (internationales Roaming, offenes Internet, unlautere Werbung, Jugendschutz) sowie Deregulierungen und administrative Vereinfachungen vorgenommen (Aufhebung der Meldepflicht für Fernmeldedienstanbieterinnen und der generellen Konzessionspflicht bei Frequenznutzungsrechten).

Der Entwurf der Gesetzesrevision sah im Bereich der Teilnehmeranschlüsse vor, dass die geltende Netzzugangsregulierung bei Kupferleitungen technologieneutral hätte ausgedehnt werden können, somit auch auf Glasfaserleitungen, um wirksamen Wettbewerb zu fördern. Dieses Bestreben wurde jedoch in den parlamentarischen Beratungen verworfen. Es bleibt unter revidiertem FMG somit bei der Netzzugangsregulierung bei Kupferleitungen allein. Die Kosten und die Gewährung des Zugangs zu den Teilnehmeranschlüssen steht aber unter Beobachtung: alle drei Jahre muss der Bundesrat der Bundesversammlung Bericht erstatten und er kann Anträge zur Förderung des wirksamen Wettbewerbs stellen.

Gesetzlich neu festgelegt wurde aber der Zugang zum Gebäudeeinführungspunkt und die Mitbenutzung gebäudeinterner Anlagen. Ohne Gewährung dieses Zugangs hätten die Konsumentinnen und Konsumenten sonst keine Auswahl an unterschiedlichen Fernmeldedienstanbieterinnen und wäre wirksamer Wettbewerb unmöglich. In der Pflicht sind somit nicht nur die netzbetreibende Anbieterin, sondern auch die Eigentümer und Eigentümerinnen von Liegenschaften. Sie haben anderen Fernmeldedienstanbieterinnen die Mitbenutzung der gebäudeinternen Anlagen zu gewähren, sofern dies technisch vertretbar ist und keine anderen wichtigen Gründe für eine Verweigerung vorliegen. Eine angemessene Entschädigung steht der Anbieterin zu, die die gebäudeinterne Anlage erbaut hat.

Bereits aufgrund des geltenden FMG sind die Liegenschaftseigentümerinnen und –eigentümer verpflichtet, Parallelanschlüsse zu dulden. Neu ist, dass eine Fernmeldedienstanbieterin einen solchen Parallelanschluss verlangen kann, wenn sie die Kosten dafür übernimmt und soweit ein solcher dem Eigentümer zumutbar ist. Keine Pflicht besteht hingegen gemäss Botschaft für die Duldung eines funkbasierten Anschlusses.

 

Revidierte Verordnungen

Die Anpassungen in den sieben, von den Anpassungen betroffenen Verordnungen sind teilweise technischer Natur, sie bringen aber auch Verbesserungen des Konsumentenschutzes mit sich. Die Verordnung über die Fernmeldedienste (FDV) war in erster Linie von den Änderungen betroffen. Die FDV wurde unter anderem in den Bereichen Registrierung von Fernmeldedienstanbieterinnen, Abrechnungsmodalitäten beim internationalen Roaming, Qualitätsmessungen, Notruf und Sicherheitskommunikation angepasst. Damit verbunden war auch die Verschärfung der Preisbekanntgabeverordnung (PBV) bei der mündlichen Preisbekanntgabe bei telefonischen Mehrwertdiensten. Ebenfalls angepasst bzw. ergänzt wurde die FDV, was die Duldungspflichten von Liegenschaftseigentümerinnen – und eigentümern betrifft (dazu sogleich).

Die revidierten Verordnungen treten ab dem 1. Januar 2021 in Kraft.

 

Duldungspflichten Liegenschaftseigentümer

Da im Gesetz neu ein Recht der Fernmeldedienstanbieterinnen auf Zugang zum Gebäudeeinführungspunkt und Mitbenutzung gebäudeinterner Anlagen statuiert wird, enthält die FDV dazu sowie zum Zugang der Liegenschaftserschliessung konkretisierende Ausführungsbestimmungen. Mehrere Duldungspflichten von Liegenschaftseigentümern wurden festgelegt. So muss die Mitbenutzung bestehender Kabelkanalisationen, die der Liegenschaftserschliessung dienen, geduldet werden. Falls die vorhandene Kapazität nicht ausreicht, muss die Erstellung weiterer Anlagen geduldet werden. Ferner muss die Mitbenutzung der Stromanschlüsse sowie die Installation von Anlagen, die einer mitbenutzenden Anbieterin zur Erbringung ihrer Fernmeldedienste dienen, im innern des Gebäudes geduldet werden.

 

"Zumutbarkeit", "technisch vertretbar", "wichtige Gründe"

Wann eine Parallelerschliessung den Liegenschaftseigentümern zumutbar ist und geduldet werden muss und wann nicht, ist im FMG nicht konkretisiert. Gemäss der Botschaft zum FMG ist unter Zumutbarkeit eine gewisse Rücksichtnahme gegenüber dem Liegenschaftseigentümer zu verstehen. Denn offensichtlich steht die Gesetzesbestimmung im Spannungsfeld zur Eigentumsgarantie. Dieses kann auch durch Verordnungsbestimmungen nicht entschärft werden. Folglich enthält auch die FDV keine Konkretisierung der Zumutbarkeit. Gemäss Botschaft zum FMG soll die Prüfung der Zumutbarkeit insbesondere bei Altbauten zum Tragen kommen, wohingegen bei Neubauten von der grundsätzlichen Zumutbarkeit eines Eingriffs auszugehen wäre. In der FDV wird ebenfalls nicht ausgeführt, wann eine Mitbenutzung technisch nicht vertretbar wäre oder welche wichtigen Gründe zur Verweigerung der Mitbenutzung berechtigen würden.

Diese unbestimmten Rechtsbegriffe sollen gemäss Verordnungsgeber von der Praxis konkretisiert werden. Allfällige Rechtstreitigkeiten sollen von einem Zivilgericht, und Streitigkeiten zwischen Anbieterinnen von der ComCom behandelt werden.

 

Kostenverteilung

Die Kosten für die Instandstellungsarbeiten, die infolge des Einbaus neuer Anlagen anfallen, trägt nach der FDV die Fernmeldedienstanbieterin, die Zugang zu Kabelkanalisationen oder gebäudeinternen Anlagen erhalten hat. Für die Mitbenutzung hat sie zudem eine einmalige, anteilsmässige Entschädigung pro Wohn- oder Geschäftseinheit an die vorfinanzierende Anbieterin zu bezahlen, wenn diese die Herstellkosten belegen kann. Und schliesslich muss die mitbenutzende Anbieterin für nachgewiesene Zusatzkosten, die Liegenschaftseigentümerinnen – und eigentümer entstehen, aufkommen. Hingegen haben die Liegenschaftseigentümer keinen Anspruch auf eine Entschädigung dafür, dass die mitbenutzende Fernmeldedienstanbieterin die Liegenschaftserschliessung und Gebäudeinstallationen gebrauchen kann.

Gerne unterstützen wir Sie bei Fragen zur Umsetzung der neuen Vorschriften.

 

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