zurück

Die Kapitaleinlagereserven (KER) – Regeln und Fakten

20.05.2020 Publikationen

 

Ein Beitrag des GHR Tax Team

Gerhard Roth

 

Einführung

Im Rahmen der Unternehmenssteuerreform II wurden im März 2007 das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) und das Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer (VStG) überarbeitet. Kapitaleinlagen von Inhabern von Beteiligungsrechten wurden neu dem Grund- oder Stammkapital gleichgestellt. Die Ausschüttungen solcher Kapitaleinlagereserven (KER) wurden der Rückzahlung von Aktien- oder Stammkapital gleichgestellt und somit von der Besteuerung ausgenommen.

Dies hat insbesondere grösseren Konzernen ein weites Feld an neuen, steuerlichen Handlungsspielräumen eröffnet. Diese wurden, aus Sicht des Gesetzgebers, offenbar überreizt und deshalb im Zuge der letzten Unternehmenssteuerreform vom Mai 2019 (STAF) korrigiert.

 

Regeln

Die auf den 1. Januar 2020 in Kraft gesetzten Regeln betreffend die Ausschüttung von KER betreffen ausschliesslich an einer Schweizer Börse kotierte Gesellschaften. Für diese wurde die sog. "Verhältnisregel" eingeführt, welche besagt, dass im selben Umfang, wie KER ausgeschüttet wird, auch übrige Reserven ausgeschüttet werden müssen. Wird diese Regel verletzt, erfolgt eine Korrekturrechnung bis zum Verhältnis von 50:50. Die derart "umqualifizierte KER wird dem steuerbaren Dividendenteil zugeschlagen.

Der Gesetzgeber hat jeodch eine Obergrenze eingezogen und diese Korrektur auf die handelsrechtlich ausschüttbaren übrigen Reserven beschränkt. In einem Kreisschreiben wurde klargestellt, dass dabei auf das in der letzten Jahresrechnung ausgewiesene Eigenkapital abzustellen ist. Für die Berechnung gelten dieselben Regeln, wie bei der indirekten Teilliquidation: Vom Eigenkapital sind das Aktienkapital und die KER sowie die abzuziehen.

Von den neuen Regeln nicht betroffen sind die sog. Ausland KER, also von KER welche durch die Übertragung von ausländischen Vermögenswerten (nicht aber von Barleinagen) auf die schweizerische Gesellschaft, geschaffen wurde. Diese können weiterhin frei und ohne Einschränkungen steuerfrei ausgeschüttet werden.

Es obliegt der Gesellschaft, zu wählen, ob sie inländische oder ausländische KER ausschütten will – dies auch für die Vergangenheit. Bei Stillschweigen gilt bis zum 31.12.2019 die Vermutung, dass Inland-KER ausgeschüttet wurde.

 

Fakten

Zurzeit profitieren die Aktionäre von 38 börsenkotierten Unternehmen von KER-Ausschüttungen.

Mit Ausnahme von zwei Kalenderjahren nahmen die neu gebildeten Einlagen stetig ab. 2011 wurden CHF 508 Mia. KER neu geschaffen, 2014 CHF 244 und 2019 CHF 273 Mia.

Die Abnahme bei der Bildung von KER fiel jedoch geringer aus, als dass Rückzahlungen von KER vorgenommen wurden. Somit stieg der Bestand an KER über die Jahre kontinuierlich. Kumuliert betrug die KER in der Schweiz CHF 461 Mia. im Jahr 2011, CHF 1'047 Mia. im Jahr 2014 und CHF 1'393 Mia. per Ende 2019.

Diese Zunahme an KER findet ihr Spiegelbild in der Ausschüttungspraxis der Gesellschaften. Vergleicht man das Jahr 2017 mit 2018, so sieht man eine Zunahme an steuerbaren Dividenden aus übrigen Reserven um 27%, während im selben Zeitraum die steuerfreien Ausschüttungen aus KER um 32% abnahmen.

 

Fazit

Im Bereich der KER hat sich mit der Umsetzung des STAF für Publikumsgesellschaften einiges verändert. Für das Gros der schweizerischen Unternehmen gilt nach wie vor:

- Ausweisung der KER auf einem gesonderten Konto;

- Meldung der KER und jeder Veränderung derselben mit Form 170 innert 30 Tagen nach Abschluss des Geschäftsjahres;

- Einreichung der unterzeichneten Jahresrechnung, auch wenn keine Veränderung bei der KER stattfand.

 

Artikel als PDF herunterladen