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Der steuerliche Betriebs-Begriff: Ein Praxisbeispiel

17.09.2020 Publikationen

 

Ein Beitrag von

Gerhard Roth

 

Einleitung

Möchte ein selbständigerwerbender Liegenschaftenhändler seine Personenunternehmung in eine Kapitalgesellschaft umwandeln, sieht er sich mit besonderen, steuerlichen Herausforderungen konfrontiert. Falsch gemacht, kann die Umwandlung erhebliche Steuerfolgen auslösen.

Die vorliegende GHR TaxPage verschafft Ihnen einen Überblick über die Voraussetzung einer erfolgreichen Restrukturierung.

 

Systemwechsel bei Umwandlung

Umwandlungen von Personengesellschaften in Kapitalgesellschaften unterliegen strengen Voraussetzungen. Der Grund dafür liegt unter anderem darin, dass die Beteiligung durch diesen Vorgang regelmässig vom Geschäfts- ins Privatvermögen wechselt. Es kommt zu einem sogenannten "Systemwechsel". In gewissen Kantonen werden Liegenschaften im Privatvermögen anders besteuert (Grundstückgewinnsteuer) als solche im Geschäftsvermögen (Einkommensteuer/Gewinnsteuer). Aus diesem Grund wird in der Regel über die stillen Reserven abgerechnet.

Von einer solchen steuersystematischen Realisation der stillen Reserven wird bloss unter strengen Voraussetzungen abgesehen. So muss die Steuerpflicht in der Schweiz fortbestehen, die Übertragung zu den für die direkten Steuern massgeblichen Buchwerten erfolgen und es muss ein "Betrieb" oder ein "Teilbetrieb" übertragen werden. Diese Voraussetzungen gelten auch für andere Umstrukturierungstatbestände, wie zum Beispiel die Vermögensübertragung oder die Spaltung.

 

Der Betriebsbegriff bei Immobiliengesellschaften

Als in sich geschlossener Betrieb oder Teilbetrieb im Sinne des Steuerrechts gelten Vermögenswerte, welche im Hinblick auf die unternehmerische Leistungs­erbringung eine unabhängige, organische Einheit bilden. Der steuerliche Begriff des Betriebs ist somit wesentlich enger gefasst als jener der selbständigen Erwerbs­tätigkeit.

Die blosse gewerbsmässige Verwaltung eigener Liegen­schaften erfüllt die Anforderungen an den Betriebsbegriff ebenso wenig, wie der blosse Liegenschaftenhandel an sich. In allen Fällen bedarf es der Erfüllung zusätzlicher Kriterien.

Das Bundesgericht hat sich in seinem Urteil anfangs dieses Jahres mit Verweisen auf verschiedene frühere Urteile wieder einmal mit der Thematik befasst.

Im konkreten Fall hat die Steuerverwaltung des Kantons Wallis der Umwandlung einer Einzelunternehmung in eine AG die Steuerfreiheit verweigert. Sie war der Ansicht, dass ein Bestand von drei Stockwerkeinheiten die Anforderung an eine "grosse Zahl von Liegenschaften" nicht erfüllt und somit kein Betrieb in die AG überführt wurde. Das Bundesgericht hat diese Auffassung bestätigt. Eine Immobiliengesellschaft wird dann als Betrieb anerkannt, wenn kumulativ:

- ein Marktauftritt erfolgt,
- mindestens eine Person für die Verwaltung der Immobilien Vollzeit angestellt ist, und
- die Mieterträge mindestens dem 20-fachen Personalaufwand einer marktüblichen Immobilienverwaltung entsprechen.

Mieterträge von weniger als CHF 1 Mio. sind somit in der Regel problematisch. Bei einzelnen Umstrukturierungsformen (z.B. Auf- oder Abspaltung) gilt zudem das doppelte Betriebserfordernis. Danach muss nicht bloss ein in sich geschlossener Betrieb oder Teilbetrieb übertragen werden, sondern es muss auch ein solcher in der übertragenden Gesellschaft zurückbleiben.

Im Walliser Fall wurden diese Erfordernisse nicht erfüllt. Die auf den Liegenschaften lastenden stillen Reserven wurden im Zeitpunkt der Übertragung einkommensteuerlich erfasst.
 

 

Fazit

Steuerneutrale Restrukturierungen sind auch im Bereich von Immobiliengesellschaften möglich, aber komplex. Kleineren Personengesellschaften bleiben sie in der Regel verwehrt. Umso wichtiger ist es, durch sorgfältige Analyse (Projektrisiken, Herkunft der Liegenschaften, Anlagehorizont und -ziel) bei Geschäftsaufnahme die richtige Gesellschaftsform zu wählen.

 

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