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GHR beyond - Ägypten

04.12.2023 Publikationen

 

Ein Beitrag von

Stephan A. Hofer

In Zusammenarbeit mit

Sameh Kamal
Heba El Naggar
 

 

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Ägypten

 

Übersicht

Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und Ägypten sind seit Jahren stabil und vielseitig. Während Schweizer Investitionen vor allem Sektoren wie Infrastruktur und Energie in Ägypten bereichern, eröffnet Ägypten der Schweiz strategische Märkte in Afrika. Beide Nationen profitieren von einer Vielzahl gemeinsamer Initiativen und sehen trotz globaler und interner Herausforderungen einer soliden Zukunft ihrer bilateralen Partnerschaft entgegen.

Zwischen der Schweiz und Ägypten besteht ein Investitionsschutzabkommen, ein Doppelbesteuerungsabkommen und ein Freihandelsabkommen - eine Konstellation, die nur noch mit 3 anderen Staaten in Afrika vorkommt. Diese privilegierte Stellung findet ihre Rechtfertigung in Zahlen: Die Schweiz importierte aus Ägypten im Jahr 2022 rund 25'500 Tonnen Waren im Wert von rund CHF 84 Millionen, während sie rund 14'200 Tonnen Waren im Wert von CHF 1.3 Milliarden nach Ägypten exportierte. Wichtige Importgüter sind Nahrungsmittel, Düngemittel, Baumwolle Kleidung, während in den Exporten vor allem chemische und pharmazeutische Produkte sowie Farbstoffe, Kosmetika, Maschinen und Uhren auffallen. Zudem stellt Ägypten einen beliebten Anbieter von IT-Offshore-Leistungen dar.

Rund 1'350 Schweizerinnen und Schweizer leben in Ägypten, während rund 2'500 Ägypterinnen und Ägypter in der Schweiz leben.

In dieser Ausgabe der GHR beyond konzentrieren wir uns auf die wichtigsten rechtlichen Fragen für Schweizer Direktinvestoren in Ägypten. Im Schweizer Teil und mit unserem Interviewpartner wollen wir das Thema des internationalen Outsourcings am Beispiel von IT-Leistungen sowohl rechtlich beleuchten als auch Einblicke in den realen Alltag gewähren.

 

Von der Schweiz nach Ägypten

Relevante Immobilienangelegenheiten für ausländische Staatsangehörige in Ägypten

Einführung

In diesem Artikel soll kurz die Frage der Vergabe von Grundstücken zur Errichtung von Projekten verschiedener Art in Ägypten untersucht werden, darunter Tourismus-, Industrie-, Dienstleistungs-, Nutzungs- und Immobilienprojekte, sowie das Recht von ausländischen Staatsangehörigen, Immobilien in diesen Projekten zu besitzen.

Dieser Artikel befasst sich nicht mit der Frage des Privateigentums ausländischer Personen an Immobilien, sowie mit Fragen in Zusammenhang mit geistigem Eigentum, diplomatischen oder militärischen Zwecken oder Eigentumsverhältnissen auf der Sinai-Halbinsel, die alle durch besondere Gesetze und Bestimmungen geregelt sind. Auch steuerliche Fragen werden in dem vorliegenden Artikel nicht behandelt.

Es sollte klargestellt werden, dass das Eigentum an Immobilien durch juristische Personen mit Sitz in Ägypten (mit ägyptischen oder nicht-ägyptischen Aktionären) oder die Gewährung von dinglichen Rechten an diese Personen (wie das Nutzniessungsrecht) im Allgemeinen durch die Investitionsgesetze, die Gesetze, die die Verfügung des Staates über sein Privateigentum regeln, und die von den zuständigen Verwaltungsbehörden erlassenen einschlägigen Bestimmungen, Bedingungen und Auflagen geregelt werden.

Allgemeine Grundsätze für die Landvergabe

Als allgemeiner Rechtsgrundsatz gilt, dass es bei Investitionsprojekten keine Mindestanforderungen an die ägyptischen Eigentumsverhältnisse oder die Staatsangehörigkeit der Vorstandsmitglieder gibt. Allerdings verlangt das Gesetz für die Durchführung solcher Projekte die Einrichtung einer gewerblichen juristischen Niederlassung, die eine der im einschlägigen Gesetz genannten Gesellschaftsformen annimmt und den von den zuständigen Behörden festgelegten besonderen Bedingungen und Anforderungen unterliegt.

Abweichend davon regelt das Gesetz Nr. 230 von 1996 das Eigentum an Immobilien und Ländereien durch Nicht-Ägypter (natürliche und juristische Personen). Nach diesem Gesetz gilt ein Unternehmen, dessen Kapital nicht mehrheitlich im Besitz von Ägyptern ist, nicht als ägyptisches Unternehmen, selbst wenn es in Ägypten niedergelassen ist. Diese nicht-ägyptischen Gesellschaften können Immobilien besitzen, um sich dort niederzulassen oder anderweitig zu etablieren, wobei die Fläche, die sie besitzen dürfen auf ein Maximum begrenzt ist, vorbehaltlich besonderer, Ausnahmen des Ministerrats. Um Spekulationen mit Immobilienpreisen vorzubeugen, gibt es eine Sperrfrist, innerhalb derer ein ausländischer Staatsangehöriger eine solche Immobilie nicht veräußern darf und die Bauarbeiten abschließen muss. Andernfalls wird die Sperrfrist verlängert, wobei es auch hier Ausnahmen gibt.

Andererseits ist im Hinblick auf Investitionsprojekte und die Behandlung von ausländischen Staatsangehörigen gemäß dem Investitionsgesetz Nr. 72 für 2017 zu beachten, dass nach dem Gesetz alle in Ägypten getätigten Investitionen eine faire und gerechte Behandlung erfahren. Der Staat garantiert dem ausländischen Investor eine ähnliche Behandlung wie dem inländischen Investor, wobei der Ministerrat das Recht hat, eine Vorzugsbehandlung für ausländische Investoren in Anwendung des Grundsatzes der Reziprozität zu beschliessen. Investitionsprojekte dürfen nicht verstaatlicht oder enteignet werden, es sei denn, sie dienen dem Gemeinwohl und werden angemessen entschädigt. Berichten zufolge werden neue Änderungen des bestehenden Gesetzes in Betracht gezogen, die das ausländische Eigentum an Immobilien in Ägypten weiter erleichtern könnten.

Das Gesetz sieht mehrere Anreize für die Vergabe von Grundstücken für Projekte vor, darunter die kostenlose Vergabe von Grundstücken für bestimmte strategische Aktivitäten in Übereinstimmung mit den diesbezüglich gesetzlich festgelegten Kontrollen und eine Befreiung von der Gebühr für die Nutzung von Grundstücken, die für die Errichtung von Projekten für einen bestimmten Zeitraum vergeben werden. Um die Vergabe von Grundstücken für Investitionsprojekte zu erleichtern, hat die Regierung das elektronische Investitionssystem entwickelt und die Investitionskarte auf dem entsprechenden Portal veröffentlicht. Die Karte zeigt die verfügbaren Investitionsmöglichkeiten, die die Vergabe von Grundstücken in Abstimmung zwischen der Allgemeinen Behörde für Investitionen und Freizonen (GAFI: die wichtigste Behörde zur Regulierung und Erleichterung von Investitionen) und der zuständigen Verwaltungsbehörde beinhalten.

Das Gesetz hat auch mehrere Regelungen geschaffen, die eine Sonderbehandlung ermöglichen, wie z.B. Freizonen und spezielle Ökozonen für besondere Projekttypen mit bestimmten Zielen.

Zuständige Behörden für verschiedene Sektoren, mit unterschiedlichen Rollen und Befugnissen

Die Vergabe von Grundstücken in Ägypten erfolgt auf der Grundlage eines Beschlusses des Präsidenten der Republik an die zuständigen Behörden wie die Behörde für neue städtische Gemeinschaften, die Allgemeine Behörde für die Entwicklung des Tourismus, die Allgemeine Behörde für industrielle Entwicklung, die Allgemeine Behörde für Wiederaufbau- und landwirtschaftliche Entwicklungsprojekte und andere. Weiter hat das Gesetz Nr. 177 aus dem Jahr 2018 vor kurzem unter anderem die Übertragung von Immobilienparzellen an den ägyptischen Staatsfonds erlaubt, um die optimale Investition in diese Parzellen zu prüfen. Darüber hinaus wurde mit dem Gesetz Nr. 102 aus dem Jahr 1986 (geändert durch die Gesetze Nr. 135 aus dem Jahr 2014 und Nr. 11 aus dem Jahr 2022) die Behörde für neue und erneuerbare Energien eingerichtet, die in erster Linie die Aufgabe hat, in Zusammenarbeit mit anderen zuständigen Regierungsbehörden Investoren Grundstücke für neue und erneuerbare Energien (einschliesslich erneuerbarer Energien, Wasserkraft und grüner Wasserstoff) zuzuweisen.

Jede Behörde ist verantwortlich für die Verwaltung und Verfügung über die Grundstücke, die im Zusammenhang mit dem vorgeschriebenen Projekt in ihre Zuständigkeit fallen. Jede dieser Behörden übt die Befugnisse des Eigentümers in Bezug auf diese Immobilien aus und erfüllt ihre Aufgaben in Abstimmung mit anderen zuständigen Behörden des Staates.

Der Verkaufspreis, der Mietwert oder der Nutzungswert wird in erster Linie von der zuständigen Behörde entsprechend der Art der angestrebten Tätigkeit und in Übereinstimmung mit den diesbezüglich festgelegten Kontrollen und Verfahren geschätzt.

Nach dem Gesetz werden Immobilien, die sich im Privateigentum des Staates oder anderer juristischer Personen des öffentlichen Rechts befinden, unter Berücksichtigung des staatlichen Investitionsplans, des Umfangs des Investitionsvorhabens, der Art seiner Tätigkeit und des Werts der investierten Mittel an Investoren zum Zwecke der Investition veräussert, und zwar gemäss den im Gesetz festgelegten Bestimmungen, Kontrollen und Verfahren. Potenzielle Investoren müssen die von der zuständigen Behörde festgelegten technischen und finanziellen Bedingungen erfüllen, um an diesem Verfahren teilnehmen zu können. Die Bestimmungen des Gesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen Nr. 182 für 2018 finden bei solchen Verfügungen keine Anwendung.

Die zuständige Behörde hat das Recht, die einzelnen Phasen der Projektdurchführung zu verfolgen, und ist berechtigt, nach Genehmigung durch den für Investitionsprojekte zuständigen Verwaltungsrat den Vertrag im Falle einer wesentlichen Vertragsverletzung nach einer Abmahnung des Investors zu kündigen.

Der Investor hat das Recht, im Falle eines Streits mit der Verwaltungsbehörde über eine Frage im Zusammenhang mit einem Grundstücksvertrag oder anderen Rechtsfragen den ministeriellen Ausschuss für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten anzurufen, wobei die Stellungnahme des Ausschusses nur für die Behörde bindend ist, unbeschadet des Rechts des Investors, die Justiz anzurufen.

Schlussfolgerung

Ägypten bietet ausländischen Investoren verschiedene Möglichkeiten, ein geeignetes Grundstück für gewerbliche und industrielle Anlagen zu erwerben. Der Erwerb von Grundstücken für gewerbliche Zwecke in Ägypten erfordert jedoch eine sorgfältige Planung und eine enge Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden, die sowohl als Regulierungsbehörde als auch als Sparringspartner fungieren.

 

Von Ägypten in die Schweiz

Internationales Outsourcing - Regeln für Schweizer Unternehmen

Einführung

Outsourcing bedeutet die Umverteilung von Arbeit und Mitarbeitern eines Unternehmens. Anstatt die Arbeit selbst auszuführen oder Mitarbeiter einzustellen, wird diese an einen Dritten ausgelagert. Das Outsourcing stellt keinen Verzicht auf Arbeit oder Mitarbeiter dar. Die Leistung wird lediglich an einem anderen Ort, von anderen Personen oder zu anderen Bedingungen erbracht.

Typischerweise werden einzelne Aufgaben, Teilbereiche oder Geschäftsprozesse ausgelagert. Outsourcing wird vor allem auch im Bereich der Informationstechnologie (IT-Outsourcing) eingesetzt, wobei die Dienstleistung des Dritten onshore vor Ort oder offshore im Ausland stattfinden kann.

 

In jedem Fall sind drei Parteien beteiligt: ein Arbeitgeber, ein Arbeitnehmer und eine Betreibergesellschaft. In der Schweiz kann eine solche Konstellation einen bewilligungspflichtigen Personalverleih darstellen. Im Bereich der Offshore-Dienstleistungen muss darauf geachtet werden, dass es sich nicht um eine verbotene ausländische Arbeitnehmerüberlassung handelt.

Personalverleih

Die Unterscheidung zwischen Outsourcing und Personalverleih ist nicht immer einfach.

Personalverleih ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Arbeitgeber (Verleiher) den von ihm eingestellten Arbeitnehmer einem anderen Arbeitgeber (dienstleistendes Unternehmen) zur Arbeitsleistung überlässt. Bei der Arbeitnehmerüberlassung geht mit der Überlassung eines Arbeitnehmers die wesentliche Weisungsbefugnis auf das den Arbeitnehmer einsetzende Unternehmen über, das Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher bleibt jedoch bestehen.

Erfolgt die Arbeitnehmerüberlassung auf Dauer und gewinnorientiert, sind eine Reihe von Vorschriften zu beachten: Ist die Auslagerung im Einzelfall als Personalverleih zu qualifizieren, so sind insbesondere das Bewilligungserfordernis, das Schriftformerfordernis des Personalverleihvertrages, das Verbot des Personalverleihs aus dem Ausland in die Schweiz und allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge zu beachten.

Voraussetzungen des Personalverleih

Geografisch gesehen ist der Personalverleih innerhalb der Schweiz und von der Schweiz in andere Länder erlaubt. Der Verleih aus dem Ausland in die Schweiz ist verboten.

Die Überlassung von Personal kann in drei Formen erfolgen:

  • Leiharbeit, wobei sich die Tätigkeit auf einen Einsatz im entleihenden Unternehmen beschränkt;
     
  • Leiharbeit, bei der der Hauptzweck die Überlassung des Arbeitnehmers ist und der Arbeitsvertrag nicht auf die Dauer der Überlassung begrenzt ist; und
     
  • die gelegentliche Überlassung von Arbeitnehmern an das Entsendeunternehmen.

Die gelegentliche Überlassung von Arbeitnehmern ist nicht genehmigungspflichtig. Erlaubnispflichtig sind jedoch Zeitarbeit und Arbeitnehmerüberlassung, wenn sie als gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werden. Eine gewerbliche Tätigkeit erfordert Regelmässigkeit, d.h. es müssen mehr als zehn Überlassungen innerhalb von 12 Monaten erfolgen, und eine Gewinnerzielungsabsicht.

Eine gewerbliche Tätigkeit kann aber auch vorliegen, wenn mit dem Verleih ein Jahresumsatz von 100'000 Franken erzielt wird.

Unterscheidungskriterien

Die Unterscheidung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Outsourcing erfolgt auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung. Sie hängt insbesondere vom Inhalt des Vertrags, der Tätigkeitsbeschreibung und den spezifischen Arbeitsbedingungen in dem Unternehmen ab, in dem die Arbeit ausgeführt wird.

Die folgenden Kriterien geben Aufschluss über die Bereitstellung von Arbeit in Form von Arbeitnehmerüberlassung:

  • Unterordnungsverhältnis: Die Weisungs- und Kontrollrechte liegen beim Beschäftigerunternehmen;
     
  • Einbindung des Arbeitnehmers in den Beschäftigerbetrieb in persönlicher, organisatorischer und zeitlicher Hinsicht;
     
  • Verpflichtung zur Bezahlung der geleisteten Stunden (kein Fest- oder Projektpreis);
     
  • Risikoübernahme für die Arbeitsleistung (Schlechtleistung) liegt beim Entleihbetrieb;
     
  • Keine Haftung des Personalleasingunternehmens für Schäden, die von seinen Mitarbeitern verursacht werden.

Kurz und bündig: IT-Outsourcing

In der Informationstechnologie lassen sich viele Bereiche effizient und sinnvoll auslagern. Ein Dritter kann sich beispielsweise um die Datenspeicherung, die Softwareentwicklung oder die IT-Infrastruktur kümmern.

Bezieht ein Unternehmen technische Unterstützungsleistungen von einem IT-Spezialisten, so bleibt dieser bei seinem Arbeitgeber angestellt und steht dem Unternehmen vor Ort oder aus der Ferne zur Verfügung. Solange der IT-Spezialist seine Arbeit eigenverantwortlich ausführt, geht keine wesentliche Weisungsbefugnis auf das Unternehmen über. Der IT-Spezialist handelt in Erfüllung eines angenommenen Auftrags seines Arbeitgebers. Wird dagegen festgelegt, dass die Arbeit überwiegend am Ort und während der Arbeitszeit des Zielunternehmens, für das der IT-Spezialist tätig ist, zu erbringen ist, und werden dadurch weitere Weisungs- und Kontrollrechte auf dieses Unternehmen übertragen, spricht vieles für eine Arbeitnehmerüberlassung.

Konzerninterner Personalverleih

Werden Mitarbeiter innerhalb einer (rechtlich und wirtschaftlich verbundenen) Unternehmensgruppe überlassen, weil sie z.B. eine neue Software konzernweit implementieren, liegt zwar eine Arbeitnehmerüberlassung vor, diese ist aber nicht genehmigungspflichtig. Grund hierfür ist, dass die Mitarbeiter überwiegend von einem Unternehmen innerhalb des Konzerns eingesetzt werden, was in der Regel aufgrund der Aufgabenwahrnehmung nur zum Zwecke des Know-how-Transfers im Einzelfall und für einen begrenzten Zeitraum nicht als Arbeitnehmerüberlassung qualifiziert wird. In diesem Fall ist auch für die grenzüberschreitende konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung keine Bewilligung erforderlich, wenn diese vom Ausland in die Schweiz erfolgt.

 

In der Praxis

Die Kenntnis der rechtlichen Voraussetzungen für interkontinentale Geschäftsbeziehungen ist nur eine Seite der Medaille. Mindestens genauso wichtig ist es, sich auf den lokalen Alltag einzulassen und mit den Besonderheiten und Gepflogenheiten umgehen zu können.

Im ImpactHub Bern kamen wir erstmals mit Christian Hirsig und Hussam Alaham in Kontakt, die uns von einem Projekt namens "Remotecoders" erzählten. Wir haben von ihnen erfahren, dass eine beachtliche Anzahl von Flüchtlingen und Frauen mit IT-Kenntnissen in Kairo nach Arbeitsmöglichkeiten suchen und dass Remotecoders diese Talente Schweizer Unternehmen mit Bedarf an zusätzlichen Offshore-IT-Kräften zur Verfügung stellen will.

Fasziniert von der Idee und der Wirkung, die sie erzeugt, und bewundernd über das Team von Remotecoders, das sich konsequent mit Fragen der Regelmässigkeit, der Einhaltung von Gesetzen und der Arbeitsqualität beschäftigt, sind wir stolz darauf, Hussam Alaham für ein Interview in dieser Ausgabe von GHR beyond gewonnen zu haben.

Stellen Sie sich unseren Lesern kurz vor?

Ich komme ursprünglich aus Syrien, habe englische Literatur studiert, war aber schon immer von der IT fasziniert. Als ich 2013 aufgrund des Krieges aus Syrien fliehen musste, sah ich mich im Libanon mit Herausforderungen konfrontiert, engagierte mich aber, um anderen zu helfen, baute ein lokales Projekt mit auf und leitete es, um Flüchtlingen eine hochwertige Bildung zu bieten, und arbeitete ehrenamtlich für das UNHCR und als Reporter für einen lokalen Radiosender. Im Jahr 2015 wurde ich mit meiner Familie in die Schweiz umgesiedelt. 2017 machte ich meinen Abschluss bei Powercoders und wurde bald darauf Mitglied des Teams. Inspiriert durch die COVID-Pandemie hatte ich die Idee, die Reichweite von Powercoders zu erweitern, um Menschen in Not zu helfen. Mit der Unterstützung des EDA gründeten Chris und ich 2022 Remotecoders. Vor kurzem haben wir ein erfolgreiches sechsmonatiges Pilotprojekt in Ägypten abgeschlossen, von dem 25 Personen profitiert haben und bei dem wir mit 10 IT-Unternehmen zusammengearbeitet haben. Es ist so viel einfacher, Möglichkeiten statt Menschen zu migrieren.

 

 

Und was machen Sie?

Remotecoders wurde als gemeinnütziger Verein gegründet, um europäische IT-Arbeitsplätze in den Nahen Osten und nach Nordafrika zu verlagern, anstatt Menschen zu zwingen, in die andere Richtung zu migrieren. Gemeinsam mit der Schweizer Regierung und IT-Unternehmen aus der Schweiz und der EU bieten wir Praktika, Mentorenschaften und Arbeitsmöglichkeiten für gefährdete Personen im Technologiesektor an und helfen ihnen, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und sich in den europäischen und lokalen IT-Markt zu integrieren.

Wie kam es dazu, dass Sie die Brücke zwischen der Schweiz und Ägypten gebaut haben?

Ich wurde in Syrien geboren und musste zu Beginn der Syrienkrise fliehen. Mein Mitgründer Christian Hirsig wurde in der Schweiz geboren und verkaufte sein IT-Unternehmen, als er 34 Jahre alt war. Im Jahr 2016 gründeten Christian und seine Frau eine NGO namens Powercoders, die Flüchtlingen das Programmieren beibringt.

Ich war ein Absolvent der ersten Klasse im Jahr 2017 und kam schliesslich als Teammitglied zu Powercoders. In den letzten Jahren haben wir beide das Team dabei unterstützt, seine Wirkung auf über 200 Absolventen, eine Praktikumsvermittlungsquote von über 90 % und eine Arbeitsintegrationsquote von 60 % zu steigern.

Im Jahr 2021 beschlossen wir, die Türen der europäischen IT-Branche für IT-Talente aus der MENA-Region zu öffnen. Mit der Unterstützung der Schweizer Regierung und mehrerer Stiftungen haben wir mit Ägypten begonnen und planen später eine Ausweitung auf andere Länder.

Was gefällt Ihnen besonders an dieser Tätigkeit, wo sehen Sie die grössten Chancen?

Europa steht vor zwei grossen Herausforderungen - und sie sind zwei Seiten derselben Medaille.

Migration: Bedürftige Menschen in der MENA-Region haben oft keinen Zugang zum IT-Arbeitsmarkt. Daher entscheiden sich viele für die Migration.

Digitalisierung: Der europäischen IT-Branche mangelt es auf allen Ebenen an Talenten. Gleichzeitig hat COVID-19 die Remote-Arbeit als neuen Standard für viele Unternehmen etabliert.

Mit unserem Ansatz bieten wir eine Lösung, die für alle Beteiligten von Vorteil ist.

Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen und Verbesserungsmöglichkeiten?

Der Aufbau eines Projekts in einem anderen Land und einer anderen Kultur erfordert viel Mühe, Engagement und Liebe zum Detail, um die Kluft dazwischen zu überbrücken. Hier sind einige Herausforderungen mit Verbesserungspotenzial:

Kultur: Es gibt bereits eine kulturelle Kluft aufgrund der Entfernung und des Arbeitsstils. Eine mögliche Verbesserung besteht darin, ein professionelles multikulturelles Team einzusetzen und Schulungen anzubieten.

Fernverwaltung: Es gibt viele Dinge zu erledigen, wenn es um den Betrieb geht, und die vollständige Entfernung könnte den Fortschritt verlangsamen. Eine mögliche Verbesserung wäre, jeden Monat ein paar Tage vor Ort zu sein.

Senior-Talente finden: Senior-Talente werden von lokalen und internationalen Unternehmen stark nachgefragt, was es schwierig macht. Eine mögliche Verbesserung besteht darin, ein Umfeld zu schaffen, das bei den Mitarbeitern das Gefühl der Zugehörigkeit und des Eigentums stärkt. Für uns stellt dies keine grosse Herausforderung dar, da unsere Mitarbeiter bereits gerne für eine gute Sache arbeiten und einen guten Job haben.

Remotecoders löst viele Herausforderungen für viele Unternehmen, indem es alle erforderlichen Abläufe und rechtlichen Angelegenheiten übernimmt und als Stellvertreter dafür sorgt, dass die Mitarbeiter und die Kunden auf einer Linie sind.

Was ist Ihrer Meinung nach bei Geschäften zwischen der Schweiz und Ägypten zu beachten?

Ein gutes Verständnis der lokalen Kultur und die Beschäftigung von Mitarbeitern, die bereits für EU-Unternehmen gearbeitet haben, tragen dazu bei, qualitativ hochwertige Ergebnisse zu erzielen. Ausserdem sollten Unternehmen, die eine Geschäftstätigkeit in Ägypten planen, nach Schweizer Organisationen Ausschau halten, die vor Ort tätig sind, ähnlich wie Remotecoders, das diese Unterstützung für IT-Unternehmen bereits anbietet, so dass Unternehmen nicht alle Herausforderungen bewältigen müssen, die jemand anderes bereits gelöst hat und die gesamte benötigte Infrastruktur und das Personal bereitstellen kann.

 

 

Jede Ausgabe des GHR beyond ist interkontinental, aber auch sehr lokal. Inhalte bereiten wir stets mit einem unserer lokalen Partner auf, mit welchem wir bei rechtlichen Themen mit Lokalbezug zusammenarbeiten. Wir danken unseren Partnern herzlich für diesen Effort und die Möglichkeit, interkontinentale Brücken mit lokaler Expertise diesseits und jenseits zu bauen.

Diese Ausgabe des GHR beyond - Africa Edition wurde von nachfolgenden Autoren und Anwaltskanzleien erstellt. Melden Sie sich jederzeit bei den Autoren, wenn Fragen offengeblieben sind oder Sie weitere Informationen zu einem bestimmten Thema benötigen.

 

Für Inhalte mit Bezug
zum Schweizer Recht

 

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Stephan A. Hofer
Partner

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Für Inhalte mit Bezug 
zum ägyptischen Recht

 

Zaki Hashem & Partners

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Ägypten

www.hashemlaw.com

+202 2399 9999

 

Sameh Kamal
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heba.elnaggar@hashemlaw.com

 

 

 

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